Auch für einen "alten" Mangel kann Kostenvorschuss verlangt werden!

OLG Frankfurt, Urteil vom 11.11.2016 - 4 U 3/11 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgenommen)

1. Ein Vorschuss zur Mängelbeseitigung kann nicht verlangt werden, wenn der Besteller nicht die Absicht hat, die Mängelbeseitigung durchzuführen.

2. Der Wille zur Mängelbeseitigung wird grundsätzlich unterstellt. Allein daraus, dass seit der Mängelrüge neun Jahre verstrichen sind, ohne dass der Besteller den Mangel hat beseitigen lassen, kann nicht geschlossen werden, dass der Besteller nicht mehr die Absicht hat, die Mängelbeseitigung durchzuführen.

OLG Frankfurt, Urteil vom 11.11.2016 - 4 U 3/11 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgenommen)

BGB §§ 242, 253, 280 Abs. 1, §§ 633, 634 Nr. 4

Problem/Sachverhalt

Der Auftraggeber (AG) beauftragt den Auftragnehmer (AN) Anfang 2003 mit der Lieferung und Erstellung eines Ausbauhauses. Nach der Abnahme rügt der AG im Jahr 2004 zahlreiche Mängel. Unter anderem bemängelt der AG, dass eine im Leistungsverzeichnis vorgesehene diffusionsoffene Folie im Dachaufbau nicht eingebaut wurde. Die Kosten für eine fachgerechte Beseitigung dieses Mangels werden in einem Beweisverfahren vom Sachverständigen auf reichlich 12.000 Euro veranschlagt. In dieser Höhe fordert der AG vom AN anschließend im Klageweg einen Kostenvorschuss zur Mängelbeseitigung. Der AN wendet in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem OLG 2016 ein, seit der ersten Mängelrüge seien inzwischen rund neun (richtig: 12!) Jahre verstrichen, ohne dass der AG den Mangel habe beseitigen lassen. Daraus ergebe sich, dass der AG nicht (mehr) die Absicht habe, den Mangel zu beseitigen. Daher stehe dem AG ein Kostenvorschuss zur Mängelbeseitigung nicht (mehr) zu.

Entscheidung

Ohne Erfolg! Ein Kostenvorschuss zur Mängelbeseitigung kann vom AG zwar nicht verlangt werden, wenn er nicht (mehr) die Absicht hat, die Mängelbeseitigung durchzuführen. Allein daraus, dass seit der (ersten) Mängelrüge mehrere Jahre verstrichen sind, ohne dass der AG die Mängel hat beseitigen lassen, kann aber nicht geschlossen werden, dass er nicht mehr die Absicht hat, die Mängelbeseitigung durchzuführen. Hier hat der AG zudem in der Klageschrift erläutert, dass ihm die Finanzmittel fehlten, um die Mängelbeseitigung ohne Kostenvorschuss aus Eigenmitteln durchzuführen.

Praxishinweis

Die Entscheidung entspricht der Rechtsprechung des BGH. Wer als Besteller Baumängel benennt und zu deren Beseitigung einen Kostenvorschuss fordert, behauptet nach BGH mittelbar, dass er beabsichtigt, die Mängel zu beseitigen (BGH, IBR 1999, 206). Eine - wie hier - lange Prozessdauer rechtfertigt nicht die Annahme, der Auftraggeber wolle die Mängel nicht mehr beseitigen lassen (BGH, IBR 2000, 65). Sonst würde der hartnäckige Verzug des Auftragnehmers mit der Mängelbeseitigung belohnt. Die besagte Vermutung kommt dem Auftraggeber nach BGH übrigens auch dann zugute, wenn er prozessual vorrangig Minderung verlangt und den Kostenvorschuss nur hilfsweise geltend macht (BGH, IBR 1999, 206).

RA und FA für Bau- und Architektenrecht Dr. Wolfgang Kau, Dresden

© id Verlag, November 2017