Mangel auf Vorleistung des Auftraggebers zurückzuführen: Auftragnehmer haftet trotzdem!

OLG München, Urteil vom 29.04.2015, AZ: 20 U 2941/14

Auftragnehmer haben die Verpflichtung zur mängelfreien Ausführung vertraglich vereinbarter Leistungen. Dies kann selbst dann gelten, wenn Mängel auf Vorleistungen Dritter zurückzuführen sind. Es kommt dann darauf an, ob der Auftragnehmer seinen Prüfungs- und Hinweispflichten in ausreichendem Maße nachgekommen ist.

Ausgangssituation:

Ein Vertrag über die Lieferung und Inbetriebnahme eines Blockheizkraftwerks ist als Werkvertrag zu qualifizieren. Angesichts der Komplexität der zum Erreichen der Funktionalität erforderlichen Anpassungsarbeiten gilt das auch dann, wenn für die Kosten der Inbetriebnahme lediglich ein Betrag von 1.500 Euro veranschlagt ist. Der Auftragnehmer ist für einen Mangel seines Werks nicht verantwortlich, wenn dieser auf Vorleistungen anderer Unternehmer oder des Auftraggebers zurückzuführen ist. Dies gilt jedoch nur, wenn er seinen Prüfungs- und Hinweispflichten nachgekommen ist.

Beispiel:

(Nach OLG München, Urteil vom 29.04.2015, AZ: 20 U 2941/14) Der Auftragnehmer (AN) vertreibt Blockheizkraftwerke (BHKW), installiert diese und nimmt sie in Betrieb. Er verlangt vom Auftraggeber (AG) Vergütung für die Lieferung eines BHKW und die Instandsetzung nach einem Brandschaden. Der AG hat einen Gasthof und nutzt das BHKW zur gewerblichen Stromerzeugung. Nachdem der ursprünglich eingebaute Scania-Motor Mängel aufwies, lieferte der AN einen Volvo-Motor mit höherer Leistung zu einem Preis von 98.000 Euro. Der AG baute den Volvo-Motor selbst ein; der AN nahm das Aggregat - wie vereinbart - in Betrieb. Anschließend kam es zu einem Brand, durch den das Aggregat beschädigt wurde. Für die Lieferung des BKHW begehrt der AN eine Restvergütung von 9.070,08 Euro und für die Reparaturarbeiten fordert er noch 20.535,34 Euro. Der AG macht im Wege der Widerklage Schadensersatz geltend, weil die Reparatur des AN nach dem Brandschaden zu einer Beschädigung der Nockenwelle geführt habe, so dass er einen neuen Motor habe anschaffen müssen. Auch hätten Stillstandszeiten zu einem hohen Erwerbsausfall geführt. Das OLG lehnt Vergütungsansprüche des AN ab und spricht dem AG 24.453,14 Euro zu. Es qualifiziert den Vertrag als Werkvertrag, weil zum Lieferumfang umfangreiche Anpassungsarbeiten (unter anderem die allgemeine Verrohrung und die Innenschalldämmung) sowie die Inbetriebnahme des BHKW zählten. Die Fachkunde erfordernde Beratung und Montage hatte im Vordergrund gestanden. Der AG hätte ohne die erforderlichen Einstellungen, Einpassungen und Adaptionen das BHKW nicht nutzen können. Die Leistungsgefahr war - mangels vorheriger Abnahme - auch nicht durch das Brandereignis auf den AG übergegangen.

Das OLG lässt es offen, ob der AG bei dem Selbsteinbau des Volvo-Motors eine Ursache für den Brand gesetzt hatte. Denn den AN trafen vor der Inbetriebnahme Prüfungs- und Hinweispflichten, denen er nicht nachgekommen war. Es lagen bei der Inbetriebnahme für den AN deutlich sichtbar noch Kabel offen. Der AN hätte aufgrund seines Wissensvorsprungs auf die Brandgefahr und die erforderliche Entfernung von ihm selbst eingebauter leicht entflammbarer Materialien hinweisen müssen. Nachdem der Vergütungsanspruch später mit der konkludenten Abnahme des reparierten BHKW fällig geworden war, kann der AG hiergegen aufrechnen mit einem Anspruch auf Erstattung der Kosten für den Ersatz des Volvo-Motors. Die Reparaturkosten für den Brandschaden von 20.535,34 Euro kann der AN nicht verlangen, weil er die kostenlose Nacherfüllung ohnehin schuldete. Der AG hat gemäß § 280 BGB auch einen Anspruch auf Schadensersatz wegen der Ausfallzeiten, als das BKHW aufgrund der Beschädigungen durch den Brand nicht einsatzfähig war.

Hinweis:

Ein weiteres Kriterium für die Abgrenzung des Werkvertrags vom Kaufvertrag mit Montageverpflichtung ist - neben dem Schwerpunkt der Leistungsverpflichtung - der Umstand, dass bei einem Werkvertrag die zu liefernde und einzubauende Sache eine andere Sache verändert, während Montagearbeiten, die sich auf die zu liefernde Sache beziehen, eher dem Kaufvertrag zuzuordnen sind (vgl. BGH, IBR 2013, 312; IBR 2013, 379).

RiOLG Birgitta Bergmann-Streyl, Mönchengladbach © id Verlag