Streitverkündung beschränkt: Gewährleistungsansprüche verjährt!

OLG Köln, Urteil vom 11.10.2018 - 3 U 45/16; BGH, Beschluss vom 04.11.2020 - VII ZR 217/18 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen) BGB § 204; ZPO §§ 72, 73

Wird in einem auslegungsbedürftigen Streitverkündungsschriftsatz auf bestimmte Schadensersatzansprüche Bezug genommen, erstreckt sich die Hemmung der Verjährung nicht auch auf den später geltend gemachten Anspruch auf Erstattung der Ersatzvornahmekosten.

OLG Köln, Urteil vom 11.10.2018 - 3 U 45/16; BGH, Beschluss vom 04.11.2020 - VII ZR 217/18 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

BGB § 204; ZPO §§ 72, 73

Problem/Sachverhalt

Der Auftraggeber (AG) - eine Projektentwicklungsgesellschaft - schloss mit einem Generalunternehmer (GU) einen Vertrag über die Errichtung eines Fitnessstudios. Es zeigten sich nach Abnahme Undichtigkeiten im Schwimmbadbereich, die der Mieter des Fitnessstudios zum Anlass für eine außerordentliche Kündigung nahm. Über die Berechtigung der außerordentlichen Kündigung wegen der Baumängel stritten Mieter und AG vor Gericht. In dieser Mietrechtsstreitigkeit verkündete der AG dem GU vor Ablauf der Verjährung den Streit und führte hierzu im Streitverkündungsschriftsatz aus: "Soweit die Streitverkündeten (GU) Mängelbeseitigungsmaßnahmen nicht hinreichend bzw. nicht fachgerecht vorgenommen haben und hieraus Ansprüche der Klägerin (der Mieterin), insbesondere auf Beendigung des Mietverhältnisses, hergeleitet werden könnten, wären die Streitverkündeten auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen." Die Klage des Mieters hatte über alle Instanzen Erfolg. Nach Auszug des Mieters begann der AG damit, die Baumängel für rund 10 Mio. Euro zu beseitigen und klagt mehr als fünf Jahre nach Abnahme der Bauleistung gegen den GU auf Feststellung, dass der GU zur Erstattung der Kosten der Ersatzvornahme verpflichtet sei.

Entscheidung

Ohne Erfolg! Der GU konnte sich auf die Verjährung des Anspruchs berufen. Die Verjährung wurde durch die Streitverkündung nicht gehemmt. Die Hemmungswirkung der Streitverkündung bestimmt sich nach dem Inhalt der Streitverkündungsschrift. Diese ist so auszulegen, wie sie der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte verstehen darf. Der GU durfte insoweit erwarten, dass der anwaltlich vertretene AG mit der Streitverkündung lediglich sicherstellen wollte, so gestellt zu werden, als wäre das Mietverhältnis nicht außerordentlich gekündigt worden. Aufgrund der Formulierung in der Streitverkündungsschrift beschränkte sich die Hemmungswirkung damit auf Schadensersatzansprüche, die in Verbindung mit dem Mietverhältnis stehen, umfasst aber keine werkvertraglichen Mängelansprüche.

Praxishinweis

Streitverkündungen gehören für den Anwalt im Baurecht zum Alltag. Gleichwohl müssen sie sorgsam für jeden Einzelfall formuliert werden. Welche schwer wiegenden Folgen schon kleinste Formulierungsungenauigkeiten haben können, zeigt die Entscheidung eindrucksvoll auf. Genügt ein Streitverkündungsschriftsatz nicht den formalen und inhaltlichen Anforderungen, so kann es schnell sehr teuer werden, auch für den Anwalt. Im Verfahren gegen den GU hat der AG seinem ehemaligen Prozessbevollmächtigen wegen der unzureichenden Streitverkündung ebenfalls den Streit verkündet. Bei wem die Kosten letztendlich verbleiben, ist damit noch offen.

RA Dr. Söre Jötten, Köln

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