Streiten will gelernt sein - auch im Bauprozess

Keine wechselseitigen Streitverkündungen im (Bau-)Prozess!

OLG Dresden, Beschluss vom 07.01.2021 - 6 W 832/20; ZPO § 72 Abs. 2, § 73 Satz 2

1. Die Streitverkündung gegenüber einer Partei des Rechtsstreits ist unstatthaft und damit unzulässig. Die Parteien eines Rechtsstreits sind keine Dritten.
2. Der Streitverkündungsempfänger kann die Unzulässigkeit der Streitverkündung bereits im Erstverfahren rügen und feststellen lassen.

OLG Dresden, Beschluss vom 07.01.2021 - 6 W 832/20

ZPO § 72 Abs. 2, § 73 Satz 2

Problem/Sachverhalt

Einem Planer wird in einem Rechtsstreit zwischen dem Auftraggeber und dem Ausführungsbetrieb der Streit durch den Ausführungsbetrieb verkündet. Der Planer, der durch den Auftraggeber für die Planung und Bauüberwachung vertraglich eingebunden war, tritt nicht auf Seiten des Ausführungsbetriebs, sondern auf Seiten seines Auftraggebers bei. Gleichzeitig verkündet der Planer dem Ausführungsbetrieb den Streit. Mit dem Hinweis, dass der Ausführungsbetrieb als Beklagter nicht Dritter des Rechtsstreits sei, begehrt der Ausführungsbetrieb die Feststellung der Unwirksamkeit der Streitverkündung des Planers. Das Landgericht erklärt daraufhin die Streitverkündung des Planers für unzulässig.

Entscheidung

Die hiergegen durch den Planer erhobene sofortige Beschwerde hat keinen Erfolg. Das OLG stellt fest, dass eine Streitverkündung gegen eine Partei des Rechtsstreits unzulässig ist, da diese nicht Dritter ist. Zweck der Streitverkündung ist lediglich die Benachrichtigung eines am Prozess nicht beteiligten "Dritten" vom Schweben eines Prozesses, um ihm die Möglichkeit der Prozessbeteiligung zu geben. Der Streitverkündungsempfänger kann gem. § 72 Abs. 1 ZPO die Unzulässigkeit der Streitverkündung feststellen lassen. Zwar ist dies nur für den gerichtlichen Sachverständigen und das Gericht geregelt. Dies muss auch für alle anderen Dritten, wie Kläger und Beklagter, gelten.

Praxishinweis

Zur Verjährungshemmung ist es in Bauprozessen üblich, wechselseitige Streitverkündungen vorzunehmen, wobei dies auch gegenüber den Parteien des Rechtsstreits erfolgt. Die Verjährung wird aber nur für die zulässige Streitverkündung gehemmt. Da der Begriff des Dritten im Gesetz nicht geregelt ist, wurde bei einer einfachen Streitgenossenschaft die Streitverkündung für zulässig erachtet, da mehrere selbstständige, aber verbundene Prozesse vorlagen. Dieser Möglichkeit wird eine Absage erteilt, womit folgt, dass immer dann, wenn die Streitverkündung gegen eine Formalpartei des Rechtsstreits erfolgen soll, stattdessen parallel eine kostenintensive Feststellungsklage zur Verjährungshemmung zu erheben ist. Ob dies tatsächlich gesetzgeberisches Ziel gewesen ist, dürfte vor dem Hintergrund der Überlastung der Gerichte bezweifelt werden.

Rechtsanwalt Peter Pohl, Chemnitz

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