Wer planen will, muss auch planen können!

OLG Köln, Beschluss vom 09.03.2021 - 19 U 23/20; BGH, Beschluss vom 10.05.2023 - VII ZR 289/21 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen) BGB §§ 133, 157, 633, 634; HOAI 2002 § 15 Abs. 1, 2

1. Wird der Begriff "Ausführungsplanung" in einem Bauvertrag verwendet, ist damit eine Ausführungsplanung i.S.v. § 15 Abs. 1, 2 HOAI 1996/2002 gemeint.
2. Übernimmt ein Bauunternehmer auch Planungsleistungen, muss die Planung mangelfrei sein, d. h. sie muss taugliche Grundlage für die Errichtung eines mangelfreien Bauwerks sein.
3. Ein mit der Erbringung von Planungsleistungen beauftragter Bauunternehmer kann nicht einwenden, dass er nicht über die erforderlichen Fachkenntnisse für die Erstellung einer fachgerechten Ausführungsplanung verfügt. Notfalls hat er sich diese Kenntnisse durch den Einsatz von Sonderfachleuten zu verschaffen. Zumindest die einschlägigen DIN-Normen muss er kennen.

OLG Köln, Beschluss vom 09.03.2021 - 19 U 23/20; BGH, Beschluss vom 10.05.2023 - VII ZR 289/21 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

BGB §§ 133157633634; HOAI 2002 § 15 Abs. 1, 2

 

Problem/Sachverhalt

Auf Grundlage einer Entwurfsplanung und eines im Jahr 2006 aufgestellten Leistungsverzeichnisses (LV) beauftragt ein Generalunternehmer (GU) ein hierauf spezialisiertes Fachunternehmen (NU) mit Leistungen zur Herstellung eines Kunstrasensportplatzes. Das LV weist verschiedene Ausführungsangaben und eine Position auf, wonach der NU die "Ausführungsplanung" zu erstellen hat. Im Betrieb des Sportplatzes zeigen sich Entwässerungsmängel. Nach Durchführung eines im Jahr 2007 begonnenen selbständigen Beweisverfahrens und rechtskräftigem Abschluss eines 2009 begonnenen Hauptsacheverfahrens (OLG Köln, IBR 2019, 253) zwischen dem Bauherrn und dem GU mit dessen Streitverkündung an den NU nimmt der GU nunmehr den NU auf Zahlung von fast 900.000 Euro sowie Feststellung, dass der NU alle weiteren Schäden zu tragen habe, in Anspruch.

Entscheidung

Zu 80% mit Erfolg! Das Landgericht verurteilt den NU zur Zahlung von gut 720.000 Euro. Das OLG weist die Berufung des NU hiergegen einstimmig als offensichtlich unbegründet zurück. Der NU sei zur Ausführungsplanung verpflichtet gewesen. Der im LV verwendete Begriff der Ausführungsplanung habe vom objektivierten Empfängerhorizont aus nur dahin verstanden werden können, dass hiermit eine Ausführungsplanung i.S.d. HOAI (§ 15 Abs. 1 Nr. 5, § 15 Abs. 2 Nr. 5 HOAI 1996/2002) gemeint sei. Dies ergebe sich neben der Tatsache, dass das LV von einem Ingenieurbüro gefertigt worden sei, vor allem aus dem Umfang des LV, der sich daraus ergebenden Dimension des Projektes und aus der Formulierung von Bewerbungsbedingungen dahin, dass Bewerber für den Sportplatzbau Referenzen über bereits erstellte Kunstrasenanlagen vorlegen sollten, so dass nur mit Bewerbungen von Unternehmen mit ausgewiesener Erfahrung in diesem Bereich sowie mit größeren Bauprojekten zu rechnen war.

Schließlich sei auch zu berücksichtigen, dass der NU ein in der Branche bekanntes Unternehmen mit jahrzehntelanger Erfahrung auch mit Großprojekten sei. Mit Aufnahme der Position "Ausführungsplanung" in das LV habe der GU in kaum überbietbarer Deutlichkeit klargestellt, dass er mit dem Leistungsverzeichnis zwar den Vertragsschluss vorbereiten, die Verantwortung für die Ausführungsplanung aber unabhängig vom Inhalt des Leistungsverzeichnisses vollständig dem NU aufbürden wollte. Die Ausführungsplanung sei aber mangelhaft, da sie unzutreffende Angaben des LV nicht korrigiert und maßgebliche DIN-Normen nicht beachtet habe. Deren Kenntnis sei vom NU mindestens zu erwarten gewesen (BGH, IBR 2005, 141).

Praxishinweis

Sowohl bei Bauverträgen als auch bei Architekten- und Ingenieurverträgen ist bei Verwendung von Begriffen der HOAI in der Leistungsbeschreibung im Zweifel von deren Bedeutung, die ihnen in der HOAI zugeschrieben wird, auszugehen. Das OLG meint, dass in der Vorgabe eines mangelhaften Leistungsverzeichnisses kein Mitverschulden des Auftraggebers (hier des GU) liege. Das kann mit Blick auf die Glasfassaden-Rechtsprechung des BGH (IBR 2009, 92) anders gesehen werden. Bislang hat der BGH aber noch nicht eindeutig geklärt, ob jede mangelhafte Vorleistung (Planung oder Ausführung) ein Mitverschulden des Auftraggebers begründen kann.

 

RA und FA für Bau- und Architektenrecht Prof. Dr. Heiko Fuchs, Mönchengladbach