Auch Planerverträge können widerrufen werden!

OLG Stuttgart, Urteil vom 23.05.2023 - 10 U 33/23 BGB §§ 312b, 356, 650l

Schließen die Parteien eines Verbraucherbauvertrages, der Planungsleistungen enthält, einen zusätzlichen Vertrag über im Bauvertrag enthaltene Planungsleistungen für den Fall der Ausübung eines vereinbarten Rechts zum Rücktritt vom Bauvertrag, begründet dies ein Widerrufsrecht nach § 356 Abs. 1 BGB, wenn der Planungsvertrag außerhalb von Geschäftsräumen i.S.v. § 312b BGB geschlossen wird.*)

 

OLG Stuttgart, Urteil vom 23.05.2023 - 10 U 33/23

BGB §§ 312b356650l

 

Problem/Sachverhalt

Im Juli 2021 schlossen die Parteien einen Verbraucherbauvertrag. Daneben und zeitgleich schlossen sie einen Planungsvertrag. Der Planungsvertrag enthielt den Zusatz "aufgrund Rücktrittsrecht-Verbraucherbauvertrag". Im Dezember 2021 schlossen die Parteien erneut einen Verbraucherbauvertrag. Dieser war inhaltsgleich mit dem Verbraucherbauvertrag aus Juli 2021 und enthielt lediglich eine Ergänzung im Hinblick auf eine vom Verbraucher angestrebte KfW-Förderung. Der Planungsvertrag hatte dieselben Planungsleistungen zum Gegenstand wie der Verbraucherbauvertrag. Für die Erstellung der Bauantragsunterlagen sollten danach 8.000 Euro Vergütung anfallen. Der Verbraucher bezahlte die vereinbarte Vergütung. Da der Verbraucherbauvertrag eine undeutliche Widerrufsbelehrung enthielt, widerruft der Verbraucher sämtliche Vertragserklärungen im Mai 2022 und verlangte die bezahlten 8.000 Euro zurück. Zu Recht?

Entscheidung

Ja! Das Gericht stellt fest, dass es sich bei dem Planungsvertrag um einen isoliert zu betrachtenden Vertrag über Planungsleistungen handelt, auch wenn die Planungsleistungen zugleich Gegenstand des Verbraucherbauvertrags sind. Der Planungsvertrag sollte nach den Vorstellungen der Parteien für den Fall geschlossen werden, dass der Verbraucherbauvertrag nicht durchgeführt wird. Das Gericht stützt seine Ansicht auf die Tatsache, dass der Planungsvertrag mit der Überschrift "Planungs-Auftrag (aufgrund Rücktrittsrecht - Verbraucherbauvertrag)" versehen war. Der Unternehmer wollte sich damit eine Vergütung für die Planungsleistungen sichern, für den Fall, dass das Objekt nicht realisiert wird. Unerheblich befand das Gericht, dass der Planungsvertrag nach seinem Wortlaut nur für den Fall geschlossen wurde, dass der Verbraucherbauvertrag wegen Rücktritts nicht durchgeführt würde. Maßgeblich sei nach Ansicht des Gerichts der aus der Urkunde erkennbare Wille, dass der Vertrag gleich aus welchem Grund nicht durchgeführt wurde, also auch für den Fall des Widerrufs. Da es sich also um einen vom Verbraucherbauvertrag isoliert zu betrachtenden Vertrag handelt, ist auch die Bereichsausnahme des § 312 Abs. 2 BGB nicht einschlägig, wonach das in den §§ 312 ff. BGB geregelte Widerrufsrecht bei Verträgen, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen wurden, gerade nicht gilt. Der Planungsvertrag konnte also widerrufen werden. Nicht aufgrund des Widerrufsrechts aus dem Verbraucherbauvertragsrecht nach § 650l BGB, aber nach den allgemeinen Vorschriften des Verbraucherrechts nach den §§ 312 ff. BGB. Der Unternehmer musste die erhaltene Vergütung von 8.000 Euro zurückbezahlen. Wertersatz für seine erbrachten Planungsleistungen erhielt er nicht, da eine ordnungsgemäße Belehrung über das Widerrufsrecht nicht erfolgte (§ 357a Abs. 1 EGBGB).

Praxishinweis

Der Fall zeigt eindrücklich, wie wichtig es ist, unter Verbraucherbeteiligung geschlossene Verträge über Bau- oder Planungsleistungen richtig einzuordnen. Der Verbraucherschutz stellt sich nach den §§ 650i BGB und §§ 312 ff. BGB unterschiedlich dar. Die Voraussetzungen der Verbraucherrechte variieren und bedürfen einer sorgsamen Prüfung.

 

RAin und FAin für Bau- und Architektenrecht, FAin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht Anna Stretz, München

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