In dubio pro SiGeKo

Seitdem die Baustellenverordnung (BaustellV) am 1. Juli 1998 in Kraft getreten ist, benötigt jede Baustelle einen zuständigen Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinator. Dennoch sind viele Fragen der Haftung des SiGeKos nach wie vor ungeklärt. Das OLG Köln hat nun mit einem eingehend begründeten Beschluss für mehr Klarheit gesorgt: Im Falle eines Schadensersatzanspruchs muss der Antragssteller die Pflichtverletzung des SiGeKos, sowie deren Kausalität zum entstandenen Schaden darlegen. Detaillierte Zusammenhänge erläutert Rechtsanwalt Dr. Robert Kessler in einem Fachaufsatz, den wir Ihnen in Zusammenarbeit mit der Zeitschrift baurecht präsentieren.

I. Der vom Senat zugrunde gelegte Sachverhalt

Auf einer Großbaustelle kam es zu einem Unfall, bei dem ein Arbeiter in der Baugrube verschüttet wurde. Der Baggerfahrer hatte die Baugrube zu tief ausgeschachtet. Der Polier des Verbauers hatte dennoch den Arbeiter angewiesen, in die Baugrube hinabzusteigen und die Träger der Trägerbohlwand von Erde zu befreien, um die Querbalken des Verbaus einhängen zu können. Der Arbeiter wurde dann von nachrutschender Erde verschüttet und schwer verletzt. In dem Verfahren des OLG Köln wollte der Generalunternehmer Regress beim SiGeKo nehmen. Dabei war unstreitig, dass dem Baggerfahrer und dem Polier die Gefahrenlage bewusst gewesen war. Dem SiGeKo wurden Verletzungen mehrerer der sich aus § 3 Abs. 2, 3 BaustellV ergebenen Pflichten vorgeworfen.

II. Die Problematik des Kausalitätsnachweises

Die wesentliche Hürde bei der Inanspruchnahme des SiGeKos besteht in der Darlegung und des Beweises der Kausalität seiner Pflichtverletzung für den eingetretenen Schaden. Ob eine Pflichtverletzung vorliegt, ist oftmals erkennbar, da der SiGeKo überprüfbare Leistungen erbringt. Auch in dem vorliegenden Fall gab es ausreichend Anhaltspunkte für Pflichtverletzungen: Der SiGe-Plan enthielt keinen Hinweis auf die erforderliche sukzessive Ausschachtung. Eine Einweisung in den Plan war ebenfalls nicht erfolgt. Die Protokolle der regelmäßigen Baustellenkontrollen beschränkten sich auf allgemeine Hinweise. Besonders schwer wog der Vorwurf einer Verletzung der Koordinierungspflicht. Aufgabe des Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinator in diesem Bereich ist es, die Zusammenarbeit der Unternehmen zu organisieren und Verantwortlichkeiten in einer Hand zusammenzuführen.3  Gerade beim gefahrträchtigen Zusammentreffen der Erd- mit den Verbauarbeiten wären eine Organisation der Arbeiten und ein konkreter Hinweis auf die Gefahren erforderlich gewesen.

Auch vielfache Pflichtverletzungen halfen jedoch nicht bei der Darlegung der Kausalität. Denn es war unstreitig, dass sich andere Beteiligte bewusst über Sicherheitsbestimmungen hinweggesetzt hatten. Diese Situation dürfte bei der Prüfung der Inanspruchnahme des SiGeKos allerdings die Regel sein. Denn allein die Pflichtverletzung des SiGeKos führt noch nicht zu einem Unfall, stets kommt ein Verstoß gegen eine Sicherheitsbestimmung oder eine Sorgfaltspflichtverletzung eines anderen hinzu. Die Pflichtverletzung des SiGeKos ist dann nicht die unmittelbare Schadensursache.


Der vollständige Aufsatz „Keine Beweiserleichterungen bei der Haftung des Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinators“ erschien zuerst in der Fachzeitschrift „baurecht“ (BauR 2017, 957 - 959 (Heft 6)). Sie können den Beitrag hier online betrachten und herunterladen.