Die Verzugshaftung der Planer und Projektmanager für die nicht rechtzeitige Erbringung von Teilleistungen

Die Leistungen der Architekten, Ingenieure und Projektmanager werden in einem immer komplexer werdenden Umfeld erbracht. Gleichzeitig wächst die Anspruchshaltung der Auftraggeber: Schadensersatzforderungen werden dabei nicht nur wegen der Folgen mangelhafter Leistungen erhoben, sondern zunehmend auch wegen verspäteter Leistungen. Schadensersatzansprüche wegen verzögerter Leistungen setzen deren Fälligkeit und Verzug voraus. § 271 BGB regelt zwar die Fälligkeit der Leistung; das betrifft allerdings unmittelbar nur eine gesamte geschuldete Leistung, beim Werkvertrag die Herstellung des geschuldeten Gesamterfolgs. Damit stellt sich die Frage, ob und welche Teilleistungen vorab wie fällig werden.

Einfach ist das, falls die Vertragsparteien für einzelne Teilleistungen Vertragstermine vereinbart haben. Anders als Bauverträge enthalten Planer- und Projektmanagementverträge aber nur selten oder nur rudimentär Regelungen zu vertraglich bindenden Terminvorgaben für Teilleistungen. Hier will das Kammergericht dem Auftraggeber durch Annahme konkludenter Terminvereinbarung für Teilleistungen helfen. Für Bestimmung der Termine für diese Teilleistung soll auch § 271 BGB mit der Folge einer Beweislast des Unternehmers für fehlende Fälligkeit eingreifen. Die Entscheidung ist unterschiedlich aufgenommen worden. Teilweise ist sie zustimmend besprochen worden, teilweise als ein Bruch mit der bisherigen Rechtsprechung und unzulässiger Eingriff in die Terminhoheit der Berufsträger kritisiert worden. Der nachfolgende Beitrag untersucht die Tragfähigkeit des Lösungsansatzes des Kammergerichtes.

 

I. Einführung

Die Feststellung einer verbindlichen Leistungszeit für eine vertraglich versprochene Werkleistung kann bei Planungs- und Projektmanagementverträgen Schwierigkeiten bereiten. Diese enthalten anders als Bauverträge vielfach bereits keine ausdrückliche Regelung zu Beginn und Ende der vom Planer oder Projektsteuerer zu erbringenden Leistungen.
Terminvorgaben werden in Architekten- und Ingenieurverträgen oft nur als Projektziele verankert.
Derartige Terminziele werden in der Regel allenfalls Geschäftsgrundlage für den entsprechenden Vertrag und begründen in der Regel keine eigenständigen Leistungspflichten.6 Denn Architekten, Ingenieure und Projektmanager schulden nicht das Bauvorhaben selbst, sondern nur ihren jeweiligen planerischen Anteil als geistiges Werk. Sie können zwar dank der Vertragsfreiheit darüberhinausgehend (verschuldensunabhängige) Termingarantien oder (verschuldensabhängige) verbindliche vertragliche Zusagen für die Fertigstellung des Bauvorhabens eingehen. Aus guten Gründen werden an die Annahme derartiger Terminzusagen aber strenge Anforderungen gestellt. Erforderlich dafür wäre eine klare und eindeutige vertragliche Haftungsübernahme, die mit der objektiven Interessenlage der Parteien übereinstimmt. Gegen die Übernahme einer solchen Haftung und erst recht gegen die Übernahme einer verschuldensunabhängigen Haftung spricht, dass der jeweilige Planer oder Projektmanager nur ein Rad im Getriebe der für eine Bauerrichtung Verantwortlichen ist. Auch aus Sicht des Bauherrn besteht keine Grundlage für die Annahme einer Verantwortlichkeit des Planers oder Projektmanagers für die Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft aller anderen Projektbeteiligten, zumal Ansprüche aus der Überschreitung derartiger Terminzusagen oder gar Termingarantien in der Berufshaftpflichtversicherung von vornherein nicht gedeckt wären. Aus Terminangaben eines Architekten, Ingenieurs oder Projektmanagers allein kann damit in der Regel nicht abgeleitet werden, dass dieser die Verantwortung für die bauliche Fertigstellung eines Projektes übernehmen will.

Finden sich bei Planungs- und Projektmanagementverträgen oftmals schon keine bindenden vertraglichen Vorgaben für die Erbringung einer Gesamtleistung, gilt dies erst recht für vertraglich bindende Vorgaben an einzelne zu erbringende Teilleistungen. Gelegentlich werden bindende Termine für die Einhaltung einzelner Teilleistungen definiert, wie etwa die Erstellung eines Projekthandbuches oder eines Projektstrukturplanes oder aber die Fertigstellung eines bestimmten Entwurfes/Modells oder einer Leistungsbeschreibung. Zumeist fehlen aber auch derartige Vorgaben.
Im Fall des Kammergerichts hatte der Auftraggeber den mündlich zustande gekommenen Planungsvertrag wegen verzögerter Leistungserbringung gekündigt. Vor Vertragsabschluss hatte der Architekt dem Bauherrn, der ein Interesse an einen möglichst zeitnahen Baubeginn geäußert hatte, ausreichende Kapazitäten in den Monaten Januar und Februar versichert. Ende März mahnte der Bauherr die Ausführungsplanung an und kündigte am 9. April den Vertrag. Das Kammergericht erklärt eine außerordentliche Kündigung wegen bereits eingetretenen Verzuges für berechtigt. Zur Begründung des Verzuges schreibt das Kammergericht die Rechtsprechung des BGH zur Honorarminderung bei der Nichterbringung von Einzelleistungen fort: Wenn der Planer nicht nur einen Gesamterfolg, sondern auch eine Vielzahl von Teilerfolgen schulde, können diese auch selbstständig fällig werden. Zur Bestimmung der Fälligkeit von Teilleistungen wendet das Kammergericht dann § 271 BGB an. Wenn in einem solchen Fall zwischen den Parteien Streit über die Dauer des erforderlichen Zeitraumes bestehe, soll aus § 271 BGB weiter folgen, dass die Fälligkeit im Zweifel zum früheren, der in Betracht kommenden Zeitpunkte endet.

 

II. Die Terminhoheit der Auftragnehmer beim Werkvertrag in Bezug auf die eigene Leistungserbringung

Die Vereinbarung von Terminen betrifft nicht den Inhalt der versprochenen Werkleistung, da die Leistungszeit nach h.M. nur eine Leistungsmodalität betrifft. Die verzögerte Leistungserbringung unterliegt daher nicht dem Mängelhaftungsrecht. Die Vereinbarung einer Leistungszeit hat im Werkvertrag doppelte Wirkung. Positiv wird geregelt, dass der Werkunternehmer die vereinbarte Leistungszeit einhalten muss. Negativ wird geregelt, dass der Werkunternehmer innerhalb der verbindlich vereinbarten Vertragsfristen die Zeit der Leistungserbringung wählen kann; denn innerhalb der vereinbarten Vertragsfristen hat der Werkunternehmer dann das Dispositionsrecht, den Herstellungsprozess nach seinen Interessen in zeitlicher Hinsicht eigenverantwortlich zu steuern.
Dass der Leistungserbringer die Leistungserbringung innerhalb des vertraglichen Rahmens disponieren darf, ist ein grundsätzlich sinnvolles ökonomisches Prinzip; der Leistungserbringer ist in der Regel besser in der Lage, die effizienteste – und damit im Gesamtinteresse kostengünstigste – Leistungserbringung festzulegen und zu steuern. Das dürfte grundsätzlich mit dem Parteiwillen von Baubeteiligten entsprechen, wie die Regelungen in § 5 VOB/B zeigen. Sie unterscheiden zwischen den verbindlichen Vertragsfristen für Beginn und Fertigstellung und den nicht bindenden (Kontroll-)Fristen; § 5 Abs. 1 Satz 2 VOB/B stellt insoweit die Auslegungsregel auf, dass die typischerweise in Terminplänen und vergleichbaren Unterlagen enthaltenen Terminangaben eines Auftragnehmers für Einzelleistungen nicht zu den verbindlich Vertragsfristen gehören. Eine verzögerte Auftragsdurchführung vor Fertigstellung kann deshalb nur dann und erst dann Ansprüche begründen, wenn feststeht, dass die vereinbarten verbindlichen Vertragsfristen nicht mehr eingehalten werden können.

 


- Ende des Auszugs -

Der vollständige Aufsatz „Die Verzugshaftung der Planer und Projektmanager für die nicht rechtzeitige Erbringung von Teilleistungen"  von Prof. Dr. Klaus Eschenbruch und Dr. Claus von Rintelen erschien zuerst in der Fachzeitschrift „Baurecht“ (BauR 2023, 1297- 1306, Heft 8). Sie können den Beitrag hier online betrachten und herunterladen.