Schadensersatz wegen Planungsverzugs setzt bauablaufbezogene Darstellung voraus!

OLG Köln, Urteil vom 31.05.2017 - 16 U 98/16

Verlangt der Auftraggeber von "seinem" Tragwerksplaner aufgrund verzögerter Tragwerksplanung Schadensersatz wegen Bauzeitverzögerung, gelten hierfür die gleichen Anforderungen wie an einen Schadensersatzanspruch des Auftragnehmers aus § 6 Abs. 6 VOB/B, d. h. es ist eine konkrete bauablaufbezogene Darstellung der jeweiligen Verzögerungen unter Gegenüberstellung der Ist- und Soll-Abläufe erforderlich.

OLG Köln, Urteil vom 31.05.2017 - 16 U 98/16

BGB § 280 Abs. 1, 2, § 286; VOB/B § 6 Abs. 6

Problem/Sachverhalt

Ein Auftraggeber (AG) will acht Häuser errichten und beauftragt hierfür den Auftragnehmer (AN) mit den Leistungsphasen 1 bis 5 der Fachplanung Tragwerksplanung. Die für den Rohbaubeginn notwendigen Schal- und Bewehrungspläne liegen nach Freigabe durch den Prüfstatiker erst vier Monate verspätet vor. Sofort wird mit dem Rohbau begonnen. Die Rohbauten werden sieben bis acht Monate verspätet fertig gestellt. Die Fertigstellung der einzelnen Häuser verzögerte sich teilweise nochmals um weitere zwei Monate. Der AG macht wegen der verspäteten Bezugsfertigkeit Schadensersatz gegen den AN geltend. Der AN wendet ein, der Prüfstatiker habe die Schal- und Bewehrungspläne verzögert geprüft. Zudem sei es bei dem Bauvorhaben später zu diversen Bauausführungsnachträgen gekommen.

Entscheidung

Aufgrund der verspäteten Planvorlage stehe dem AG kein Verzögerungsschadensersatzanspruch gem. § 280 Abs. 1 und 2, § 286 BGB zu. Selbst wenn der AN tatsächlich in Verzug gewesen sei, scheitere der Anspruch daran, dass der AG den Schaden nicht substanziiert dargelegt habe. Für die schlüssige Darlegung eines Schadensersatzanspruchs wegen Bauzeitverzögerung sei eine konkrete bauablaufbezogene Darstellung der jeweiligen Verzögerungen unter Gegenüberstellung der Ist- und Soll-Abläufe erforderlich. Darzulegen sei im Einzelnen, wie der Bauablauf tatsächlich geplant war, d. h. welche Teilleistungen in welcher Zeit erstellt werden und wie der Arbeitskräfteeinsatz erfolgen sollte. Dem sei der tatsächliche Bauablauf gegenüberzustellen. Sodann seien die einzelnen Verzögerungstatbestände aufzuführen und deren tatsächliche Auswirkungen auf den Bauablauf zu erläutern. Die Darstellung müsse insbesondere die Beurteilung ermöglichen, ob die angesetzten Bauzeiten mit den von der Preiskalkulation vorgesehenen Mitteln eingehalten werden konnten und ob die Baustelle auch tatsächlich mit ausreichend Arbeitskräften besetzt war. Zu berücksichtigen sei auch die Möglichkeit, einzelne Bauabschnitte vorzuziehen oder Pufferzeiten in Anspruch zu nehmen sowie die Arbeitskräfte sonst anderweitig einzusetzen. Letztlich seien bei der Erteilung von Nachträgen auch deren Auswirkungen auf den Bauablauf darzustellen. Diesen Anforderungen werde das Vorbringen des AG nicht gerecht. So nehme der AG beispielsweise nicht dazu Stellung, inwieweit sich eine (unstreitig) verzögerte Bearbeitung seitens des Prüfstatikers auf den Bauablauf ausgewirkt habe. Auch habe der AG nicht dargelegt, ob diverse Nachträge sich auf den tatsächlichen Bauablauf ausgewirkt haben.

Praxishinweis

Die Ausführungen des OLG betreffen die sog. "haftungsausfüllende Kausalität", d. h. den Nachweis, dass die behaupteten Schäden gerade auf der behaupteten Pflichtverletzung (Verzug mit der Planlieferung) beruhen. In diesem Punkt kann es in der Tat keinen Unterschied machen, wer, AN oder AG, Schadensersatz wegen einer vom Gegenüber zu vertretenden Bauzeitverzögerung geltend macht. Auch wenn beim Nachweis der haftungsausfüllenden Kausalität gem. § 287 ZPO Beweiserleichterungen möglich sind, ist stets eine baustellenbezogene Darstellung der Ist- und Sollabläufe notwendig, die die Bauzeitverlängerung nachvollziehbar macht (BGH, IBR 2005, 247).

RA und FA für Bau- und Architektenrecht Dr. Andreas Berger, Mönchengladbach

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