Ein von Unwetterschäden gezeichnetes Hausdach

Übergang von Sachversicherungen beim Grundstücksverkauf – Aufklärungspflicht

OLG Hamm, Beschluss vom 21.01.2019 - 22 U 104/18

Der Käufer eines Grundstücks kann nicht auf das ungekündigte Bestehen einer auf ihn im Zeitpunkt der Vollendung des Rechtserwerbs nach § 95 VVG übergehenden Gebäudeversicherung vertrauen. Den Verkäufer trifft daher grundsätzlich keine Rechtspflicht, den Käufer ungefragt über die vom VR erklärte Kündigung eines bei Vertragsschluss bestehenden Gebäudeversicherungsvertrags aufzuklären, die eine Beendigung des Versicherungsverhältnisses nach Übergabe des Kaufgegenstands bewirkt (Abgrenzung zu BGH, Urteil vom 02.06.2016 - VII ZR 107/05, IBRRS 2016, 1688).*)

OLG Hamm, Beschluss vom 21.01.2019 - 22 U 104/18

VVG §§ 95, 96

Problem/Sachverhalt

Mit notariellem Kaufvertrag vom 03.02.2017 erwarb der Käufer für 350.000 Euro eine Immobilie unter Ausschluss der Sachmängelhaftung. Der Verkäufer unterhielt eine Wohngebäudeversicherung, die seitens des Versicherers mit Schreiben vom 05.04.2017 mit Wirkung zum 10.05.2017 gekündigt wurde. Die Übergabe der Immobilie fand am 11.04.2017 statt. Der Verkäufer informierte die Käufer nicht über die Beendigung der Versicherung. Der Käufer forderte vom Verkäufer Schadensersatz i.H.v. 38.386,65 Euro aufgrund eines Unwetterschadens am Dach der Immobilie am 22.06.2017, da der Verkäufer ihn über die Kündigung des Wohngebäudeversicherers hätte informieren müssen, um ihm die Möglichkeit zu geben, sich selbst um Versicherungsschutz zu kümmern. Das LG hat die Klage abgewiesen. Gegen das erstinstanzliche Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt.

Entscheidung

Ohne Erfolg. Zu klären war die Frage, ob der Verkäufer über den Zeitpunkt des Gefahrübergangs hinaus zur Aufrechterhaltung des Gebäudeversicherungsschutzes verpflichtet war. Der Käufer durfte vorliegend nicht berechtigterweise davon ausgehen, sondern hätte selbst für eine Deckung der in der Gebäudeversicherung versicherten Risiken sorgen müssen. Dies war nach Mitteilung des Berufungsgerichts umso mehr zu beachten, nachdem der Käufer der versicherten Sache erst mit deren Veräußerung in ein bestehendes Versicherungsverhältnis eintritt und es hierbei auf den formellen Eigentumsübergang, bei Grundstücken mithin auf die Eintragung des Käufers im Grundbuch ankommt (vgl. Langheid in Langheid/Rixecker, VVG, 6.Aufl., § 95 Rn. 12 mwN). Für den Käufer bestehe daher Anlass dazu, sein eigenes Sacherhaltungsinteresse in der Zeit zwischen Übergabe und Eintragung im Grundbuch durch eine Vereinbarung mit dem Versicherer des Verkäufers oder einen Vertrag mit einem anderen Versicherer zu versichern, selbst wenn ein mit dem Verkäufer bestehender Versicherungsvertrag grundsätzlich so auszulegen ist, dass dieses (fremde) Interesse darin mitversichert ist (vgl. BGH, Urteil vom 17.06.2009 - IVZR43/07, IMRRS 2009, 1279). Denn er müsse stets damit rechnen, dass der Versicherungsschutz durch ein Verhalten des Verkäufers vor Eintritt des Versicherungsfalls oder aus anderen Gründen verloren geht, etwa weil - wie vorliegend - der Versicherer von einem bestehenden Kündigungsrecht Gebrauch macht.

Praxishinweis

Hiervon unterscheidet sich die Fallgestaltung, die der Entscheidung des VII. Zivilsenats des BGH vom 02.06.2016 (VIIZR107/15, IBRRS 2016, 1688) zugrunde lag. Im dortigen Fall durfte der Besteller darauf vertrauen, dass die dem Unternehmer in Obhut gegebenen Gegenstände gegen das Verlustrisiko versichert waren, weil die Branchenüblichkeit einer Versicherung eine derartige Erwartung rechtfertigte. Der Käufer eines Grundstücks kann demgegenüber nicht auf das ungekündigte Bestehen einer auf ihn im Zeitpunkt der Vollendung des Rechtserwerbs nach § 95 VVG übergehenden Gebäudeversicherung vertrauen.

RA und FA für Miet- und Wohnungseigentumsrecht Dr. Andreas Höckmayr, Scheyern

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