Konkurrenz des Gebäudeenergiegesetzes mit öffentlich-rechtlichen Vorschriften

„Was schlägt was: Klimaschutz vor Denkmalschutz? Baumschutz vor Energieeffizienz?“

Nachdem das EU-Parlament im März 2023 für strengere Anforderungen an die Energieeffizienz von Gebäuden gestimmt hat, ist nicht auszuschließen, dass in den kommenden Jahren viele Immobilien saniert werden müssen. Dieses Vorhaben geht auf einen Vorschlag der EU-Kommission zurück, die Handlungsbedarf sieht, da Gebäude für rund 40 % des Energieverbrauchs und rund 1/3 der Treibhausgasemissionen in der EU verantwortlich seien. Die Idee ist, dass durch besser gedämmte Häuser oder modernere Heizungen der Energiebedarf gesenkt werden kann und zugleich die Bewohnerinnen und Bewohner über den geringeren Verbrauch vor der Kostenbelastung durch sprunghaft steigende Energiepreise geschützt werden.

Dieses Vorhaben ist Teil des Klimapaketes „Fit for 55“, mit dem die Netto-Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 % im Vergleich zu 1990 gesenkt werden sollen.

Konkret bedeutet dies für Gebäude die folgenden zulässigen Jahresemissionsmengen betreffend die Jahre 2020 bis 2030:

 

Jahresemissionsmengen in Millionen Tonnen CO2-Äquivalent

2020

2021

2022

2023

2024

2025

2026

2027

2028

2029

2030

Gebäude

118

113

108

102

97

92

87

82

77

72

67

(Fundstelle: BGBl. I 2021, 3907)

 

Um die entsprechenden Klimaschutzziele im Bereich „Gebäude“ in Deutschland einhalten zu können, gelten ab Januar 2024 die im Herbst 2023 beschlossenen strengeren Regelungen des Gebäudeenergiegesetzes, mit dem Ziel, bis spätestens zum Jahr 2045 die Nutzung von fossilen Energieträgern im Gebäudebereich zu beenden und Gebäude im Ganzen energieeffizienter zu nutzen. Ab diesem Zeitpunkt müssen alle Heizungen vollständig mit erneuerbaren Energien betrieben werden und weitere Maßnahmen zur Förderung der Energieeffizienz (wie z.B. Gebäudedämmung) umgesetzt werden.

Diese Klimaschutzziele werden aber ggf. nur dann einzuhalten sein, wenn in Bezug auf konkurrierende gesetzgeberische Entscheidungen der Nutzung von erneuerbaren Energien auch grds. der Vorrang eingeräumt wird.

Um die entsprechenden Klimaschutzziele im Bereich „Gebäude“ in Deutschland einhalten zu können, gelten ab Januar 2024 die im Herbst 2023 beschlossenen strengeren Regelungen des Gebäudeenergiegesetzes, mit dem Ziel, bis spätestens zum Jahr 2045 die Nutzung von fossilen Energieträgern im Gebäudebereich zu beenden und Gebäude im Ganzen energieeffizienter zu nutzen. Ab diesem Zeitpunkt müssen alle Heizungen vollständig mit erneuerbaren Energien betrieben werden und weitere Maßnahmen zur Förderung der Energieeffizienz (wie z.B. Gebäudedämmung) umgesetzt werden.

Diese Klimaschutzziele werden aber ggf. nur dann einzuhalten sein, wenn in Bezug auf konkurrierende gesetzgeberische Entscheidungen der Nutzung von erneuerbaren Energien auch grds. der Vorrang eingeräumt wird.

Insofern sieht § 2 EEG (Gesetz für den Ausbau erneuerbarer Energien) folgendes vor:

 

„Die Errichtung und der Betrieb von Anlagen sowie den dazugehörigen Nebenanlagen liegen im überragenden öffentlichen Interesse und dienen der öffentlichen Sicherheit. Bis die Stromerzeugung im Bundesgebiet nahezu treibhausgasneutral ist, sollen die erneuerbaren Energien als vorrangiger Belang in die jeweils durchzuführenden Schutzgüterabwägungen eingebracht werden.“

 

Demnach enthält § 2 S. 2 EEG eine relative Gewichtungsvorgabe dergestalt, dass ein sehr hohes Gewicht den EE-Anlagen (nicht nur Windausbau) zugewiesen wird. Somit müssen die zuständigen Behörden den Vorrang von EE-Anlagen gegenüber anderen Belangen nicht mehr explizit begründen, zudem ergibt sich eine Vereinfachung der Darlegungs- und Begründungslast für Antragsteller und damit eine Stärkung der Rechtssicherheit der Zulassungsentscheidung für EE-Anlagen.

Eine Berücksichtigung dessen muss also in sämtlichen Vorschriften mit behördlichen Gestaltungs- und Auslegungsspielräumen (nicht nur in Schutzgüterabwägungen) stattfinden.

Dies bedeutet, dass z.B. Belange des Denkmalschutzes nur noch im Einzelfall entgegenstehen können, wenn sie dieses überragende öffentliche Interesse überwiegen. So sieht § 9 Abs. 3 DSchG NRW bereits vor, dass die Erlaubnis zur Durchführung einer erlaubnispflichtigen Maßnahme zu erteilen ist, wenn Belange des Denkmalschutzes nicht entgegenstehen oder ein überwiegendes öffentliches Interesse die Maßnahme verlangt. Bei der Entscheidung sind dann insbesondere auch die Belange des Wohnungsbaus, des Klimas, des Einsatzes erneuerbarer Energien sowie der Barrierefreiheit angemessen zu berücksichtigen.

Vergleichbares dürfte sodann auch für den Fall einer entgegenstehenden Baumschutzsatzung oder des Naturschutzes allgemein gelten. Denn sollen Photovoltaikanlagen auf Hausdächern installiert werden, können vor allem große Bäume mit ausladender Krone die Anlagen verschatten und ihre Leistungsfähigkeit erheblich beeinträchtigen.

Für einen solchen Fall sehen die Baumschutzsatzungen bislang keine Ausnahmeregelungen vor. Dies kann sich allerdings ändern, denn die Regelung in § 2 EEG sieht einen weitreichenden Vorrang für Anlagen zur Gewinnung erneuerbarer Energien vor. Danach sollen 

andere öffentliche Interessen wie der Baumschutz, der Naturschutz allgemein oder auch der Denkmalschutz zukünftig weitreichend zurückstehen (vgl. BT-Drs. 20/1630, S. 139, 159).“

In diesem Sinne hat nunmehr auch die Landesbauordnung NRW (2018) (Beschlussdrucksache 18/6587) durch das Gebäudeenergiegesetz eine abermalige Anpassung erfahren.

So erfolgen für Windenergieanlagen in Gewerbe- und Industriegebieten weitere Privilegierungen bei den Abstandsflächen.

Für Wärmepumpen gilt nun zum einen, dass sie bei der Bemessung der Abstandsflächen an bestehenden Gebäuden, unabhängig davon, ob diese den Anforderungen des § 6 Abs. 2 bis Abs. 6 BauO NRW entsprechen, außer Betracht, wenn sie mindestens 2,50 m von der Nachbargrenze zurückbleiben und zum anderen gilt nun in Bezug auf die Höchstlängen entlang der Nachbargrenzen ebenfalls 9 m Länge.

Zudem kann die PV-Pflicht auf Dächern nach § 42 a BauO NRW nun auch durch Errichtung und Betrieb einer PV-Anlage auf anderen Außenflächen des Gebäudes als dem Dach erfüllt werden (§ 42 a Abs. 6 BauO NRW).

Der bisher vorgesehene Pflichtenfall aufgrund besonderer Umstände bei unangemessenem Aufwand oder einem sonstigen Fall unbilliger Härte wird zu einem Befreiungstatbestand umgewandelt, sodass in entsprechenden Fällen bei der zuständigen Behörde eine Befreiung beantragt werden muss.

Zudem wurde in § 48 Abs. 1 a BauO NRW ein Wahlrecht der Bauherrschaft eingeführt, bei der Errichtung einer für eine Solarnutzung geeigneten Stellplatzfläche für Kfz, die einem Nichtwohngebäude dient, entweder über dieser eine PV-Anlage zu errichten oder je fünf Stellplätze mindestens einen Laubbaum zu pflanzen und zu unterhalten.

 

Fazit:

Wie die Änderung der Landesbauordnung NRW zeigt, ist die Bestrebung da, auch die Gesetzte auf Landes- und Kommunalebene im Sinne des Gebäudeenergiegesetzes anzupassen. Allerdings wird es auch zukünftig noch Bereiche geben (Baumschutzsatzungen, Naturschutz etc.) die diesen Vorgaben entgegenstehen und sodann anhand von Entscheidungen im Einzelfall zu prüfen ist, welches Rechtsgut überwiegt.

In diesen Bereichen bleibt für die jeweiligen Eigentümer die Rechtslage unübersichtlich.

Daniela Mechelhoff

  • Fachanwältin für Verwaltungsrecht
  • Mitglied der ARGE Baurecht