Baustelle abgebrannt: Wie muss der Bauherr den Schaden darlegen?

OLG Celle, Beschluss vom 09.04.2019 - 14 U 157/18; BGH, Beschluss vom 11.03.2020 - VII ZR 119/19 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen) BGB § 280 Abs. 1; ZPO § 287

1. Macht der Auftraggeber nach einem Gebäudebrand gegen den Auftragnehmer einen Anspruch auf Schadensersatz geltend, muss er die Maßnahmen, die zur Wiederherstellung erforderlich waren, sowie die dafür angefallenen Kosten konkret vortragen.
2. Ist der Brand während einer Umbaumaßnahme entstanden, muss der Auftraggeber auch zum Bautenstand zum Zeitpunkt des Brands vortragen, da sich nur so der Umfang der erforderlichen Wiederherstellungsmaßnahmen bestimmen lässt.
3. Eine Vermutung dafür, dass ein Schadensversicherer nur die maximal erforderlichen Zahlungen leistet oder ein von diesem eingeschalteter Sachverständiger nur konkret entstandene Schäden ermittelt und zur Regulierung freigibt, existiert nicht.

OLG Celle, Beschluss vom 09.04.2019 - 14 U 157/18; BGH, Beschluss vom 11.03.2020 - VII ZR 119/19 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

BGB § 280 Abs. 1; ZPO § 287

 

Problem/Sachverhalt

Bauherr B lässt ein Schulgebäude umfassend umbauen. Er beauftragt neben anderen Gewerken den Dachdecker D mit Dacharbeiten. D führt u. a. Abdichtungsarbeiten mittels Verlegung von Bitumenbahnen durch. Nach Arbeitsende bricht im Gebäude ein Brand aus, wodurch ein Schaden i.H.v. rund 1,5 Mio. Euro entsteht. B lässt die Schäden beseitigen. Im Auftrag seines Gebäudeversicherers V werden die Wiederherstellungsarbeiten durch einen Sachverständigen begleitet, der die Reparaturrechnungen prüft und zur Zahlung freigibt. V nimmt D nach Durchführung der Arbeiten auf Schadensersatz in Anspruch. Die Schadensverursachung durch D ist streitig, ebenso die Schadenshöhe.

Entscheidung

Das Landgericht weist die Klage ab, die dagegen eingelegte Berufung weist das OLG zurück. Nach Auffassung des Landgerichts spricht zwar der erste Anschein für eine Brandverursachung durch die Arbeiten des D und somit eine Haftung dem Grunde nach. Die Klage scheitert aber an einer hinreichenden Darlegung des Schadensumfangs. Dem folgt das OLG. V hat nicht ausreichend konkret die durchgeführten Wiederherstellungsmaßnahmen vorgetragen, ebenso wenig die für die jeweiligen Wiederherstellungsmaßnahmen im Einzelnen aufgewandten Kosten. Da sich der Brandschaden während einer laufenden Baumaßnahme ereignete, hätte V darüber hinaus den Bautenstand vor dem Brandereignis und dementsprechend die Maßnahmen zur Wiederherstellung dieses Bautenstands darlegen müssen. Derartiger Vortrag ist nicht erfolgt. V hat im Wesentlichen auf die Begleitung der Sanierungsmaßnahmen durch den von ihm beauftragten Sachverständigen und dessen Prüfung der Reparaturrechnungen verwiesen. Dies genügt nicht, da es keine Vermutung dafür gibt, dass der Schadensversicherer oder ein von ihm beauftragter Sachverständiger tatsächlich nur die Brandschäden ermittelt und nur das freigibt, was zur Regulierung der Brandschäden erforderlich ist. Eine gem. § 287 ZPO grundsätzlich zulässige Schätzung der Schadenshöhe lehnt das OLG ab, weil der Vortrag des V die dafür erforderlichen Schätzgrundlagen nicht enthält.

Praxishinweis

§ 287 ZPO ermöglicht dem Richter eine Schadensschätzung. Zum Instrument der Schadensschätzung darf das Gericht aber erst greifen, wenn feststeht, dass eine Haftung dem Grunde nach besteht. Eine Schadensschätzung setzt dann aber auch noch voraus, dass der Anspruchsteller als Grundlage der Schätzung greifbare Anhaltspunkte für die Schadenshöhe vorträgt. Das Vorliegen dieser Anhaltspunkte muss der Anspruchsteller im Streitfall beweisen.

RA und FA für Bau- und Architektenrecht Thomas J. Michalczyk, Berlin

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