Zwischenergebnis der bisherigen Betrachtungen war, dass zwei unterschiedliche Beendigungsfälle bei der Wohnungseigentümergemeinschaft zu unterscheiden sind: Zum einen die Konstellation mit mehreren Wohnungseigentümern zum Beendigungszeitpunkt, zum anderen diejenige mit einem einzigen Wohnungseigentümer. Es fragt sich deswegen – womit die Untersuchung ihren zentralen Punkt erreicht – wie sich die Rechtssituation in beiden Beendigungsfällen bezüglich der Frage der Rechtsnachfolge in das Gemeinschaftsvermögen i.S.v. § 9a III WEG darstellt und ob hier beide Beendigungsfälle trotz der vorstehend herausgearbeiteten unterschiedlichen Rechtsfolgen der Rechtsnachfolge zumindest in Bezug auf den Wirkmechanismus der Universalrechtsnachfolge gleich zu behandeln sind. Zunächst sind hier die zu der Problematik vertretenen rechtlichen Meinungen darzustellen.
IV.2 Die vertretenen Rechtsauffassungen zur Mechanik der Rechtsnachfolge in das Gemeinschaftsvermögen
Eine erste Orientierung bei der Auslegung liefert die historische Auslegung, welchen Wunsch also der Gesetzgeber hatte.
IV.2.1 Die Meinung des Gesetzgebers – Historische Auslegung
Der Gesetzgeber verzichtete hier auf Regelungen und meinte, für die Liquidation sollten die allgemeinen Grundsätze gelten, eine Differenzierung zwischen den beiden Beendigungsfällen sah er nicht. Die Wunschvorstellungen des Gesetzgebers kommen relativ offen ersichtlich nicht für die Beantwortung der Frage nach dem „wie“ der Rechtsnachfolge in Betracht: Die nach dem Gesetz inzwischen bestehende sofortige Vollbeendigung entbehrt einer zeitlichen Komponente. Weder eine Abwicklung nach Insolvenzrecht noch eine Abwicklung nach allgemeinen Liquidationsgrundsätzen kommt zugleich neben einer sofortigen Vollbeendigung in Betracht. Denn jede Liquidation beansprucht Zeit und schließt sich damit alternativ mit einer sofortigen Beendigung wechselseitig aus. Gesucht wird also nach einem Mechanismus für eine sofortige Gesamtrechtsnachfolge.
IV.2.2 Kommentarliteratur
In der Kommentarliteratur fehlt teilweise die trennscharfe Differenzierung zwischen einerseits den beiden Beendigungsfällen nach § 9 I Z. 1 und Z. 2 WEG und andererseits der das Außenverhältnis betreffenden Frage des Wirkmechanismus des Rechtsübergangs und der das Außen- und das Innenverhältnis betreffenden Fragen, welche Höhe die Anteile der Mitglieder der Bruchteilsgemeinschaft haben und wie sie an der Verwaltung, den Früchten sowie Lasten und Kosten der Bruchteilsgemeinschaft beteiligt sind.
Soweit es die beiden sich unterscheidenden Beendigungsfälle anlangt, wird in der noch spärlichen Literatur etwa eine Analogie zu § 11 III WEG in Erwägung gezogen und alternativ noch der jeweils geltende gewillkürte Umlageschlüssel als Lösungsmöglichkeit ins Feld geführt. Richtig ist im Ansatz die Erwägung, dass § 11 III WEG direkt nicht anwendbar ist. Denn er bezieht sich in seiner unmittelbaren Anwendung – wie bereits dargestellt – ebenso wie die gleichgelagerte Regelung in § 17 WEG a.F. auf einen ganz bestimmten Fall des Endes der Wohnungseigentümergemeinschaft. Insofern sind insgesamt 3 „Beendigungsfälle im weiteren Sinn“ zu unterscheiden, die nach alten Recht regelungstechnisch in § 9 I WEG a.F. zusammengefasst waren:
Die Aufhebung der Sondereigentumsrechte nach § 9 I Z. 1 WEG i.V.m. § 4 WEG , der Antrag des verbliebenen alleinigen Wohnungseigentümers nach § 9 I Z. 2 WEG und die Aufhebung der Gemeinschaft nach § 11 I WEG mit den beiden Untervarianten eines allseitigen Aufhebungsverlangens oder der Gebäudezerstörung i.S.v. § 11 I Satz 3 WEG . Die analoge in der Kommentarliteratur für möglich erachtete Anwendung des § 11 III WEG bzw. des im Vergleich zu § 11 III WEG als vorzugswürdig eingestuften § 16 I , II WEG wird für drei unterschiedliche Fälle vertreten, auch dies ist schon dargestellt worden und kurz in Erinnerung zu rufen:
Zum einen für die Quotenbildung am Gemeinschaftsvermögen in den beiden Untervarianten des Zerstörungsfalls des Gebäudes oder des allseitigen Aufhebungsverlangens bezüglich der Wohnungseigentümergemeinschaft (1), zum anderen wiederum für die Quotenbildung am Gemeinschaftsvermögen aber in Bezug auf den Beendigungsfall nach § 9 I Z. 1 (2) und schließlich für die Bestimmung des Miteigentumsanteils bezogen auf das Gesamtvermögen bei Entstehen einer Bruchteilsgemeinschaft nach §§ 741 ff. BGB , also beim Beendigungstatbestand der Aufhebung der Sondereigentumsrechte nach § 9 I Z. 1 WEG i.V.m. § 4 WEG (3).
- Ende des Auszugs -
Der vollständige Aufsatz „Die Beendigung der Wohnungseigentümergemeinschaft – Teil 2" von Rechtsanwalt Dr. Hans-Joachim Weingart erschien zuerst in der Fachzeitschrift „Baurecht“ (BauR 2022, 707 - 714, Heft 5). Sie können den Beitrag hier online betrachten und herunterladen.