Pauschalvertrag gekündigt: Abrechnung "von oben nach unten" möglich!?

OLG Karlsruhe, Urteil vom 02.12.2014 - 19 U 122/13; BGH, Beschluss vom 18.01.2017 - VII ZR 22/15 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

1. Bei der Abrechnung eines gekündigten Pauschalpreisvertrags muss der Auftragnehmer grundsätzlich die erbrachten Leistungen darlegen und vom nicht ausgeführten Teil abgrenzen. Die Höhe der Vergütung für die erbrachten Leistungen ist dann nach dem Verhältnis des Werts der erbrachten Teilleistung zum Wert der nach dem Pauschalvertrag geschuldeten Gesamtleistung zu errechnen. 2. Etwas anderes gilt jedoch für den Fall, dass lediglich noch ganz geringfügige Leistungen ausstehen. Dann kann der Werklohnanspruch, sofern keine kalkulatorischen Verschiebungen zu Lasten des Auftraggebers verdeckt werden können, auch auf die Weise berechnet werden, dass die nicht erbrachte Leistung bewertet und von der Gesamtvergütung abgezogen wird (sog. Abrechnung "von oben nach unten").

OLG Karlsruhe, Urteil vom 02.12.2014 - 19 U 122/13; BGH, Beschluss vom 18.01.2017 - VII ZR 22/15 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

VOB/B § 8 Nr. 1, 3, § 14

Problem/Sachverhalt

Der Bauherr kündigt einen Detailpauschalvertrag mit einem Generalunternehmer. Der Generalunternehmer erstellt die Schlussrechnung über insgesamt 570.000 Euro. Dabei handelt es sich um die Differenz zwischen geleisteten Abschlagszahlungen und der vereinbarten Pauschalvergütung. In Abzug gebracht sind lediglich 500 Euro für einen nicht ausgeführten Stiefelwaschplatz und 110 Euro für nicht demontierte Gussleitungen. Der Bauherr behauptet, die Abrechnung entspreche nicht den Erfordernissen der Rechtsprechung zum gekündigten Pauschalpreisvertrag.

Entscheidung

Ohne Erfolg! Zwar muss der Unternehmer bei der Abrechnung eines gekündigten Pauschalpreisvertrags grundsätzlich die erbrachten Leistungen darlegen und vom nicht ausgeführten Teil abgrenzen. Die Höhe der Vergütung für die erbrachten Leistungen ist dann nach dem Verhältnis des Werts der erbrachten Teilleistung zum Wert der nach dem Pauschalvertrag geschuldeten Gesamtleistung zu errechnen. Der Unternehmer muss deshalb das Verhältnis der bewirkten Leistungen zur vereinbarten Gesamtleistung und des Preisansatzes für die Teilleistungen zum Pauschalpreis darlegen. Etwas anderes gilt jedoch für den Fall, dass lediglich noch ganz geringfügige Leistungen ausstehen. Dann kann der Werklohnanspruch, sofern keine kalkulatorischen Verschiebungen zu Lasten des Auftraggebers verdeckt werden können, auch auf die Weise berechnet werden, dass die nicht erbrachte Leistung bewertet und von der Gesamtvergütung abgezogen wird (sog. Abrechnung "von oben nach unten").

Praxishinweis

Die Abrechnung eines gekündigten Pauschalpreisvertrags ist äußerst schwierig und stellt den Unternehmer regelmäßig vor große Probleme. Denn der Auftraggeber schuldet nur die Vergütung, die dem am Pauschalpreis orientierten Wert der erbrachten Teilleistungen entspricht (so schon BGH, IBR 1995, 455). Die Vergütung der erbrachten Teilleistungen ist aufgrund der Pauschalierung jedoch nicht bepreist. In Ausnahmefällen wie dem hier vorliegenden versucht die Rechtsprechung, dem Unternehmer die Darlegung seines Vergütungsanspruchs zu erleichtern. Zur Frage, was "lediglich noch ganz geringfügige Leistungen" sind, die ausstehen dürfen, damit der Unternehmer die Gesamtvergütung in Rechnung stellen und davon nicht erbrachte Leistungen abziehen kann, gibt es jedoch keine verbindlichen Leitlinien. Es bleiben daher Probleme bestehen (Schmitz, IBR 2014, 728). Der vorliegende Fall ist relativ klar, da die nicht erbrachten Leistungen laut dem Unternehmer weniger als 0,1% der Gesamtvergütung ausmachten. Der BGH ließ eine Abrechnung "von oben nach unten" jedoch auch schon bei einer Quote von immerhin 4,65% zu (IBR 2014, 728).

RA und FA für Bau- und Architektenrecht Ulrich Eix, Stuttgart

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