Mehraufwand führt zu Wertsteigerung: Keine Haftung für höhere Baukosten!

OLG Frankfurt, Urteil vom 14.11.2019 - 15 U 85/19 BGB §§ 280, 281, 633 Abs. 2, § 634 Nr. 4

1. Verletzt der Architekt seine Pflicht, die Planungsvorgaben des Auftraggebers zu den Herstellungskosten des Bauwerks bei der Erbringung der von ihm geschuldeten Leistungen zu beachten, haftet er dem Auftraggeber auf Schadenersatz wegen schuldhafter Überschreitung einer vereinbarten Bausumme.
2. Der Schaden bei Überschreitung einer mit dem Architekten vereinbarten Bausumme kann zwar in den überschießenden Baukosten bestehen. Dem Auftraggeber entsteht jedoch insoweit kein Nachteil, als der zu seinen Lasten gehende Mehraufwand zu einer Wertsteigerung des Objekts geführt hat.

OLG Frankfurt, Urteil vom 14.11.2019 - 15 U 85/19

BGB §§ 280281633 Abs. 2, § 634 Nr. 4

 

Problem/Sachverhalt

Bauherr B verlangt von seinen Architekten Schadenersatz i.H.v. ca. 75.000 Euro wegen von ihm behaupteter fehlerhafter Architektenleistungen. Die Architekten hätten eine Baukostengarantie abgegeben, zumindest aber die vereinbarte Baukostenobergrenze schuldhaft überschritten. Das Landgericht weist die Klage mit Zustimmung des Klägers durch Teilurteil ab. Dagegen wendet sich der Kläger mit der Berufung.

Entscheidung

Das OLG bestätigt die Entscheidung des Landgerichts. Zwar entspricht die Planungsleistung eines Architekten nicht der vereinbarten Beschaffenheit, wenn sie ein Bauwerk vorsieht, dessen Errichtung höhere Herstellungskosten erfordert, als sie von den Parteien des Architektenvertrags vereinbart sind. Der Architekt ist weiter verpflichtet, die Planungsvorgaben des Auftraggebers zu den Herstellungskosten des Bauwerks zu beachten. Dabei muss er nicht nur genau vereinbarte Baukostenobergrenzen einhalten. Vielmehr ist er auch verpflichtet, die ihm bekannten Kostenvorstellungen des Auftraggebers bei seiner Planung zu berücksichtigen. Die Kostenvorstellungen des Bauherrn muss der Architekt im Rahmen der Grundlagenermittlung beim Bauherrn erfragen. Der Architekt verletzt seine Vertragspflichten, wenn er ohne verlässliche Kenntnis von den wirtschaftlichen Möglichkeiten des privaten Auftraggebers die Planung eines Wohnhauses vornimmt. Er muss diese aufklären und darf nicht ohne Rücksicht auf die finanziellen Verhältnisse des privaten Auftraggebers planen. Gleichwohl wurde die Berufung zurückgewiesen, weil B nicht spezifiziert dazu vorgetragen hatte, dass er bei richtiger und rechtzeitiger Aufklärung durch die Architekten zu den Baukosten nicht oder billiger gebaut hätte.

Praxishinweis

Steigende Baukosten, die Kosten-Prognosen zur Makulatur werden lassen, sind an der Tagesordnung. Umso wichtiger ist es, dass der Bauherr die Obergrenze der ihm zur Verfügung stehenden Mittel dem Architekten bekannt gibt und sie zum Vertragsinhalt macht. Am Ende der Entwurfsplanung, also bevor Bauaufträge erteilt sind, kann der Bauherr anhand der vom Architekten vorzulegenden Kostenberechnung entscheiden, ob er das Bauvorhaben fortsetzen will. Überschreitet die Kostenberechnung die vereinbarte Baukostenobergrenze, steht es dem Bauherrn frei, vom Bauvorhaben Abstand zu nehmen, ohne Schaden zu erleiden. Dem Vergütungsanspruch des Architekten kann er entgegensetzen, dass die von ihm erstellte Planung wegen Missachtung der vorgegebenen Baukosten wertlos war (so OLG unter II.). Stattdessen das Bauvorhaben "durchzuziehen" und erst am Ende die Schuld für das zu teure Bauwerk beim Architekten zu suchen, ist regelmäßig der falsche Weg.

 

RA und FA für Bau- und Architektenrecht, FA für Verwaltungsrecht Prof. Dr. Mathias Preussner, Konstanz

© id Verlag