RA Wellensiek klärt auf über die außerordentliche Kündigung vor Ausführung der Bauleistung

Außerordentliche Kündigung vor Ausführung der Bauleistung: Keine Vergütung für Vorarbeiten und Planung!

OLG Köln, Urteil vom 13.04.2022 - 11 U 7/21 BGB a.F. § 649; BGB §§ 280, 281, 284, 286, 314, 648

1. Weil sich die Wirkung einer Kündigung aus wichtigem Grund auf die Zukunft beschränkt, bleibt dem Unternehmer der Anspruch auf Vergütung für die erbrachten Leistungen erhalten. Dazu gehören aber nur diejenigen Arbeiten, die sich zum Zeitpunkt der Kündigung bereits im Bauwerk verkörpert haben.
2. Für Vorarbeiten und Planungen, die keine eigenständige Leistung darstellen und deren Vergütung in die Baupreise eingerechnet ist, kann der Unternehmer keine Vergütung verlangen, wenn die Bauleistung selbst nicht erbracht ist.
3. Ausnahmsweise kann ein Vergütungsanspruch nach den Geboten von Treu und Glauben (§ 
242 BGB) bestehen, wenn die Leistung für die Weiterführung des Bauvorhabens uneingeschränkt tauglich ist und dem Besteller die Verwendung unter Berücksichtigung aller Umstände zugemutet werden kann.

OLG Köln, Urteil vom 13.04.2022 - 11 U 7/21

BGB a.F. § 649; BGB §§ 280281284286314648

 

Problem/Sachverhalt

Die Parteien schlossen einen Vertrag über die Planung und Errichtung eines Hauses auf einem noch zu benennenden Grundstück der Auftraggeber (AG). Aus der klägerseits erstellten Genehmigungsplanung ergab sich, dass aufgrund der Hanglage des Grundstücks besondere Maßnahmen zur Sicherung des Geländes und des Hanges zu ergreifen waren. In der Folge stritten die Parteien darüber, ob es sich dabei um eine vom Auftragnehmer (AN) zu erbringende Leistung handelte. Nachdem die AG dem AN für die Aufnahme der Bautätigkeiten erfolglos Fristen gesetzt hatten, kündigten sie das Vertragsverhältnis aus wichtigem Grund. Der AN verfolgt mit seiner Klage die Zahlung von Vergütung u. a. für erbrachte Architektenleistungen, die Einholung eines Bodengutachtens, die Durchführung eines Baustellengesprächs, die Vorplanung für die Lüftungsanlage und für Bemusterungen.

Entscheidung

Ohne Erfolg! Das OLG macht zunächst in seinen Entscheidungsgründen deutlich, dass Vorarbeiten und Planungen regelmäßig keine eigenständigen Leistungen darstellen, sondern deren Vergütung in der Regel in die Baupreise einkalkuliert ist und der Bauunternehmer dafür Werklohn nur verlangen kann, wenn die Bauleistung ausgeführt worden ist (vgl. BGH, NJW 1995, 1837; OLG Köln, Urteil vom 17.03.2021 - 11 U 281/19IBRRS 2021, 0978). Da aber der AN noch keine Bauleistungen erbracht hatte, könnte etwas anderes gelten, wenn die Vorarbeiten und Planungen eine eigenständige Leistung darstellen (vgl. OLG München, BauR 2013, 1868). Dies aber verneinte das OLG, weil sich der AN gem. § 1 Abs. 7 des Vertrags das Eigentums- und Urheberrecht an Angebotsunterlagen, Bauzeichnungen und anderen technischen Unterlagen ausdrücklich vorbehielt und es den AG ohne vorherige schriftliche Genehmigung des AN nicht gestattet war, die zur Verfügung gestellten Unterlagen (insbesondere Pläne und Leistungsbeschreibungen) beispielsweise für ein anderes Bauvorhaben frei zu verwenden. Dies spreche gegen die Einordnung als eigenständige Leistung. Damit wurde auch das Bestehen eines Vergütungsanspruchs nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verneint.

Praxishinweis

Die Begründung des OLG ist nachvollziehbar. Möchte ein Unternehmer im Fall der vorzeitigen Vertragsbeendigung für erbrachte Vorarbeiten und Planungen einen Vergütungsanspruch geltend machen, wird es hierzu eine Vereinbarung im Vertrag geben müssen. Daraus wird sich ergeben müssen, dass die jeweiligen Vorleistungen als eigenständiger Werkerfolg vereinbart sind und dafür eine bestimmte Vergütung vom Besteller zu zahlen ist, wenn der Vertrag vorzeitig beendet wird.

RA und FA für Bau- und Architektenrecht Timo Siemer, LL.M., Bielefeld

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