Auftragnehmer oder (nur) Nachunternehmer?

OLG Saarbrücken, Urteil vom 06.03.2019 - 2 U 88/17; BGH, Beschluss vom 29.01.2020 - VII ZR 73/19 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

1. Macht der Auftraggeber Mängelansprüche geltend, trägt er die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass zwischen ihm und dem Auftragnehmer ein wirksamer (Bau-)Werkvertrag zu Stande gekommen ist. Das gilt selbst dann, wenn der Auftragnehmer tatsächlich Bauleistungen auf der Baustelle ausgeführt hat.

2. Soweit es um Gewährleistungsansprüche geht, trifft den Auftraggeber die Beweislast auch dafür, dass er den Auftragnehmer unmittelbar und im eigenen Namen beauftragt hat und dieser nicht lediglich als Nachunternehmer für einen anderen Unternehmer tätig geworden ist.

3. Eine vertragliche Regelung kann nicht gleichzeitig als steuerrechtlich gewollt und zivilrechtlich nicht gewollt angesehen werden.

OLG Saarbrücken, Urteil vom 06.03.2019 - 2 U 88/17; BGH, Beschluss vom 29.01.2020 - VII ZR 73/19 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

BGB §§ 145, 147, 633, 634

Problem/Sachverhalt

Der Auftraggeber (AG) hat einen Unternehmer beauftragt, eine Photovoltaikanlage auf seinem Dach zu errichten. Zuvor musste das mit asbesthaltigem Material belegte Dach saniert werden. Hierfür beauftragte der AG den Auftragnehmer (AN) und erbrachte eine Anzahlung. Aus steuerlichen Gründen vereinbarten die drei Parteien - AG, Unternehmer und AN -, dass die Rechnungsstellung aller Leistungen, also auch der Leistungen des AN, über den Unternehmer erfolgen sollte. Der AN zahlte daher die bereits geleistete Anzahlung an den AG zurück und rechnete alle Leistungen gegenüber dem Unternehmer ab. Dieser bezahlte wiederum alle Rechnungen des AN und rechnete den Gesamtbetrag gegenüber dem AG ab. Nach Fertigstellung der Leistungen bestanden Mängel, die im Rahmen eines selbständigen Beweisverfahrens gegen den AN bestätigt wurden. Nach erfolglosem Fristablauf zur Mängelbeseitigung erhebt der AG Klage auf Schadensersatz der zur Mängelbeseitigung erforderlichen Kosten und der Gutachterkosten. Der AN verteidigt sich mit dem Hinweis, dass zwischen den Parteien kein Vertragsverhältnis bestehe. Das Landgericht bestätigt diese Auffassung und weist die Klage ab. Hiergegen wendet sich der AG.

Entscheidung

Ohne Erfolg! Das OLG bestätigt, dass ein direktes Vertragsverhältnis zwischen dem AG und dem AN nicht bestand. Der AG ist nicht nur für das Bestehen eines Werkvertrags darlegungs- und beweisbelastet, sondern darüber hinaus auch dafür, dass dieser Werkvertrag zwischen dem AG und dem AN unmittelbar und auf Rechnung des AG und nicht nur als Nachunternehmer eines Dritten geschlossen wurde. Dafür reicht es nicht aus, dass der AN tatsächlich auf der Baustelle des AG gearbeitet hat. Denn die Parteien haben aus steuerlichen Gründen vereinbart, dass die Rechnungsstellung über den Zeugen erfolgen soll. Es ist davon auszugehen, dass die vertragliche Vereinbarung aus steuerlichen Gründen auch in zivilrechtlicher Hinsicht gewollt war. Dementsprechend ist die steuerrechtlich gewollte Konstellation auch für das zivilrechtliche Vertragsverhältnis maßgeblich.

Praxishinweis

Um das allgemeine Verhältnis zwischen Steuer- und Zivilrecht wurde früher viel gestritten. Ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung entspricht es aber, dass für die Auslegung von Vertragsverhältnissen Konstellationen maßgeblich sein können, die ausschließlich aus steuerlichen Gründen gewählt wurden. Dies gilt auch dann, wenn sich die gewählte Vertragsgestaltung nachträglich als zivilrechtlich ungünstig erweist. Denn das, was aus steuerlichen Gründen vertraglich vereinbart wurde, gilt - auch wenn es zivilrechtlich nachteilig ist.

 

RAin Iris Burkhart, Stuttgart

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