Auch beim Pauschalvertrag muss die vereinbarte Leistung erbracht werden!

OLG Celle, Urteil vom 07.12.2011 - 14 U 130/11

Die Auffassung eines Gerichts, aus dem Begriff "pauschal" in einem Betreuungsvertrag für Projektmanagement sei zu folgern, dem Unternehmer solle ein Honorar versprochen werden, unabhängig davon, ob er eine Leistung erbringe oder nicht, stellt eine grob fehlerhafte Behandlung von Parteivorbringen dar, das die Aufhebung des Urteils und Zurückverweisung rechtfertigt.

OLG Celle, Urteil vom 07.12.2011 - 14 U 130/11

ZPO § 538 Abs. 2 Nr. 1

Problem/Sachverhalt

Die Parteien streiten um ein Pauschalhonorar, das der Kläger aufgrund des zwischen ihnen im Februar 2006 geschlossenen Betreuungsvertrags für Projektmanagement geltend macht. Zu den Leistungen und Pflichten des Auftragnehmers heißt es im Vertrag unter anderem: "Der Auftragnehmer wird nach Maßgabe der nachfolgenden Regelungen die Beratung des Auftraggebers im Rahmen des Projektmanagements des in Anlage 1 dargestellten Aufgabenkatalogs mit dem Ziel der schlüsselfertigen und im Wesentlichen mangelfreien Übergabe des Bauwerks durchführen." Ferner vereinbarten die Parteien ein Honorar von monatlich pauschal 3.000 Euro. Dieser Vertrag wurde von den Parteien bis Mitte 2006 beiderseitig erfüllt. Ob und inwieweit der Kläger in der Folgezeit Leistungen erbrachte, ist streitig. Der Kläger behauptet, er sei für insgesamt 17 Projekte der Beklagten bis 2010 für diese auch tätig gewesen. Die Beklagte hat jegliche Leistungen des Klägers ab Mitte 2006 bestritten.

Entscheidung

Das OLG hebt das Urteil des Landgerichts auf, das der Klage stattgegeben hat, weil es nicht darauf ankäme, ob der Kläger tatsächlich Leistungen erbracht habe. Ihm sei pauschal ein Honorar von 3.000 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer versprochen worden. "Pauschal" bedeute, dass das Honorar unabhängig von den tatsächlich erbrachten Leistungen zu zahlen sei. Das Verfahren im ersten Rechtszug leidet an einem wesentlichen Mangel, aufgrund dessen eine umfangreiche Beweisaufnahme notwendig werden kann. Grundsätzlich stellt eine unrichtige materiell-rechtliche Beurteilung zwar keinen Verfahrensfehler im Sinne des § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO dar. Wohl aber ist ein Verfahrensfehler anzunehmen bei grob fehlerhafter Behandlung von Parteivorbringen. Nicht einmal der Kläger hatte in erster Instanz geltend gemacht, ihm stehe das Honorar unabhängig von der Erbringung jeglicher Leistung zu. Das Landgericht hat sich in seiner Entscheidung mit keinem Wort mit dem Inhalt des Betreuungsvertrags auseinandergesetzt, ebenso wenig mit der Interessenlage der Parteien. Im Vertrag ist in nicht zu überbietender Deutlichkeit im Einzelnen aufgelistet, welche Tätigkeiten der Kläger für die Beklagte zu entfalten hatte. Zudem haben die Parteien ihren Willen zum Ausdruck gebracht, das Vertragsverhältnis als Werk-/Architektenvertrag einzuordnen. Zutreffend ist in diesem Zusammenhang zwar der Ausgangspunkt des Landgerichts, dass es sich bei dem Betreuungsvertrag für Projektmanagement um einen Vertrag sui generis handelt, der in der Tat, wie vom Kläger geltend gemacht, nicht auf einen typischen Werkerfolg abzielte, sondern der - jedenfalls auch - Elemente eines Dienstvertrags beinhaltet. Gleichwohl ist der Ansatz, aus dem Begriff "pauschal" zu folgern, dem Kläger solle ein Honorar von monatlich 3.000 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer versprochen werden, unabhängig davon, ob er eine Leistung erbringe oder nicht, abwegig. Das Landgericht hat dabei völlig den Inhalt des Vertrags außer Betracht gelassen und zusätzlich die Interessenlage der Beklagten missachtet, für die keinerlei Grund ersichtlich ist, den Kläger zu alimentieren und ihm auch ohne die Verpflichtung zur Gegenleistung ein Honorar von 3.000 Euro pro Monat auszuloben.

Praxishinweis

Im Regelfall stellt die falsche Anwendung materiellen Rechts keinen Aufhebungsgrund dar (BGH, IBR 2010, 1182 - nur online).

RA und FA für Bau- und Architektenrecht Hans Christian Schwenker, Hannover

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