Abrechnung eines gekündigten Pauschalvertrags: Urkalkulation kann nachträglich erstellt werden!

OLG Hamburg, Urteil vom 08.01.2020 - 4 U 134/18; BGH, Beschluss vom 18.11.2020 - VII ZR 20/20 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen); BGB §§ 314, 633, 634; VOB/B § 4 Abs. 7, § 8 Abs. 3

Der Auftragnehmer hat auch beim gekündigten Pauschalpreisvertrag die erbrachten Leistungen darzulegen und vom nicht ausgeführten Teil abzugrenzen. Die Vergütung errechnet sich nach dem Verhältnis des Werts der erbrachten Teilleistung zum Wert der nach dem Pauschalvertrag geschuldeten Gesamtleistung. Sofern die Berechnung auf Grundlage einer Auftragskalkulation basiert, genügt es, wenn der Auftragnehmer diese nach Vertragsschluss erarbeitet.

OLG Hamburg, Urteil vom 08.01.2020 - 4 U 134/18; BGH, Beschluss vom 18.11.2020 - VII ZR 20/20 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

BGB §§ 314, 633, 634; VOB/B § 4 Abs. 7, § 8 Abs. 3

Problem/Sachverhalt

Der Auftraggeber (AG) beauftragte den Auftragnehmer (AN) mit der Errichtung einer Doppelhaushälfte zum Pauschalpreis von 135.800 Euro. Nachdem es zu Differenzen kam, kündigte der AG den Bauvertrag. Unter Berücksichtigung geleisteter Abschlagszahlungen errechnete der AN - für seine bis zur Kündigung erbrachten Leistungen - eine Forderung i.H.v. 46.178,45 Euro. Der AN hatte vorgetragen, die geltend gemachte restliche Werklohnforderung ergebe sich aus der vorgelegten Kalkulation. Der AG behauptete, dass die Kalkulationsabrechnungen des AN nicht prüfbar seien. Der AN erhebt Klage.

Entscheidung

Mit Erfolg! Beim gekündigten Pauschalpreisvertrag hat der AN die erbrachten Leistungen darzulegen und vom nicht ausgeführten Teil abzugrenzen. Die Höhe der Vergütung für die erbrachten Leistungen ist nach dem Verhältnis des Werts der erbrachten Teilleistung zum Wert der nach dem Pauschalvertrag geschuldeten Gesamtleistung zu errechnen. Der Unternehmer muss deshalb das Verhältnis der bewirkten Leistungen zur vereinbarten Gesamtleistung und des Preisansatzes für die Teilleistungen zum Pauschalpreis darlegen. Auf dieser Grundlage hat der AN - entgegen der Auffassung des AG - zutreffend abgerechnet. Vor allem muss - entgegen der vom AG in der Begründung vertretenen Auffassung - diese Kalkulation nicht bereits bei Vertragsschluss vorliegen. Es reicht, dass der AN, wenn zuvor eine solche Kalkulation nicht erstellt worden ist, diese nachträglich erarbeitet oder in anderer Weise darlegt, wie die erbrachten Leistungen bei Vertragsschluss zu bewerten sind.

Praxishinweis

Die Entscheidung entspricht der ständigen Rechtsprechung des BGH (IBR 2001, 55). Bei der Abrechnung ist zwischen der Abrechnung der erbrachten Leistungen (nur um diese ging es im Fall) und den nicht erbrachten Leistungen zu unterscheiden. Beim Pauschalvertrag muss der AN die Leistungen zum Zweck der Abrechnung zunächst in einzelne Teilleistungen aufgliedern und diese dann mit Preisen bewerten.

Die Bewertung orientiert sich an den Festlegungen der Parteien vor Vertragsschluss (BGH, IBR 1996, 443). Der Auftragskalkulation lässt sich eine Aufteilung in Einzelleistungen entnehmen, anhand derer der konkrete Leistungsstand geprüft werden kann. Liegt sie nicht vor oder ist sie nicht detailliert genug, muss der AN "nachbessern" (BGH, IBR 2002, 595), bis diese dem Informations- und Kontrollbedürfnis des AG gerecht wird. Ist eine Auftragskalkulation nicht vorhanden und sind auch sonst keine Anhaltspunkte aus der Zeit vor Vertragsschluss für eine Bewertung der Einzelleistungen ergiebig, muss der AN im Nachhinein im Einzelnen darlegen, wie die erbrachten Leistungen unter Beibehaltung des Preisniveaus der vereinbarten Pauschale zu bewerten sind (BGH, NZBau 2006, 179).

Als nachträglich erstellte Kalkulation reicht aber im Regelfall eine gewerkebezogene Aufstellung, die mit Pauschalpreisen bewertet wird, aus (BGH, IBR 1999, 202). Die nachträglich erstellte Kalkulation muss sich allerdings auf die Gesamtleistung, d. h. auch die nicht erbrachten Leistungen beziehen (BGH, IBR 2000, 414; vgl. zum Ganzen: Jahn, in: Bolz/Jurgeleit, ibr-online-Kommentar VOB/B, 15.02.2021, § 8 Rz. 69 ff.).

RA und FA für Bau- und Architektenrecht Dr. Maximilian R. Jahn, Frankfurt a.M.