Montage einer Aufdach-Photovoltaikanlage: Mängel verjähren in fünf Jahren!

OLG Schleswig, Urteil vom 01.02.2023 - 12 U 63/20; BGH, Beschluss vom 22.11.2023 - VII ZR 35/23 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen) BGB §§ 633, 634, 634a

Auf einen (Werk-)Vertrag über die Aufstellung einer fest mit dem Dach verbunden Photovoltaikanlage findet die fünfjährige Verjährungsfrist für Arbeiten bei Bauwerken Anwendung (vgl. BGH, IBR 2019, 203).

OLG Schleswig, Urteil vom 01.02.2023 - 12 U 63/20; BGH, Beschluss vom 22.11.2023 - VII ZR 35/23 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

BGB §§ 633634634a

Problem/Sachverhalt

Der Auftragnehmer (AN) installiert auf einem Bestandsgebäude eine Photovoltaikanlage. Der Auftraggeber (AG) nimmt die Arbeiten in 2010 ab. Wegen erstmals in 2017 auftretender Durchfeuchtungen leitet der AG in 2020 ein selbständiges Beweisverfahren ein. Der Gutachter stellt fest, dass die Gewindestangen, mit denen die Photovoltaikanlage auf dem Dach befestigt ist, fehlerhaft ausgeführt wurden. Die Stangen wurden nicht mit Manschetten versehen. Dadurch dringt an allen Gewindebolzen Wasser ein. Zur Beseitigung dieser und weiterer Mängel wäre ein vollständiger Abbau der Anlage erforderlich. Die betreffenden Kosten in Höhe von reichlich 111.000 Euro klagt der AG als Schadensersatz, hilfsweise als Kostenvorschuss gegen den AN ein.

Entscheidung

Ohne Erfolg! Die an sich begründeten Mängelansprüche des AG sind verjährt. Die Installation einer Photovoltaikanlage, die fest mit dem Dach eines Bestandsgebäudes verbunden wird, ist ein Bauwerk i.S.v. § 634a Abs. 1 Nr. 2 BGB. Die Verjährung der Mängelansprüche endete somit in 2015. Gründe für eine Verlängerung der Verjährungsfrist wegen Arglist liegen nicht vor. Insbesondere gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass der AN die nicht untypischen Ausführungsfehler frühzeitig erkannt und bewusst verschwiegen hätte.

Praxishinweis

Die Begründung der wohl zutreffenden Entscheidung greift in einem Punkt etwas kurz. Geht es um die Lieferung und Montage einer Dach-Photovoltaikanlage, ist zunächst die Frage zu beantworten, ob Kaufrecht (so der VIII. Zivilsenat, IBR 2014, 110, das OLG München, IBR 2015, 692, und das OLG Schleswig, IBR 2015, 548) oder Werkvertragsrecht (so der VII. Zivilsenat des BGH, IBR 2016, 447, und das OLG München, IBR 2020, 351) Anwendung finden. Das Ergebnis dieser Abgrenzung hängt richtigerweise nicht allein von abstrakten Leitsätzen oder Grundsätzen, sondern von den tatsächlichen Gegebenheiten des Einzelfalls und insbesondere vom Zuschnitt des vertraglichen Pflichtenkreises des AN ab. Die im Leitsatz genannte Entscheidung BGH, IBR 2019, 203 trägt zu dieser Abgrenzung nichts bei. Denn diese Entscheidung betraf einen ohnehin werkvertraglich tätigen Planer. Zum zweiten stellt sich entweder nach § 438 Abs. 1 BGB oder im Rahmen von § 634a BGB die Frage, ob die strittigen Mängelansprüche ein Bauwerk betreffen. Dies haben für die Installation einer Dach-Photovoltaikanlage der BGH (IBR 2016, 447) und das OLG München (IBR 2020, 351) bejaht, der VIII. Zivilsenat des BGH (IBR 2014, 110), das OLG München (IBR 2015, 692) und das OLG Schleswig (IBR 2015, 548) in etwas früheren Entscheidungen hingegen verneint. Wenngleich in Summe viel dafür spricht, dass Mängelansprüche wegen fehlerhafter Montage einer Aufdach-Photovoltaikanlage binnen fünf Jahren verjähren, bedarf dieses (Zwischen-)Ergebnis stets einer an den Gegebenheiten des Einzelfalls orientierten Begründung. Einen guten Überblick über die insoweit einschlägigen Judikate und Beiträge bietet Werner/Pastor, 18. Aufl., unter Rz. 2834.

 

RA und FA für Bau- und Architektenrecht Dr. Wolfgang Kau, Dresden

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