Keine Kostenobergrenze vereinbart: Keine Haftung für höhere Baukosten?

OLG München, Urteil vom 27.09.2016 - 9 U 1161/15 Bau; BGH, Beschluss vom 05.06.2018 - VII ZR 248/16 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

1. Die Planung des Architekten entspricht nicht der vereinbarten Beschaffenheit und ist mangelhaft, wenn sie ein Bauwerk vorsieht, dessen Errichtung höhere Herstellungskosten erfordert, als sie von den Parteien vereinbart sind. 2. Voraussetzung für eine Beschaffenheitsvereinbarung ist eine Einigung über eine bestimmte Kostenobergrenze. Die bloße Angabe einer Kostengrenze oder die Darstellung eines Rahmens der wirtschaftlichen Verhältnisse des Bauherrn führt nicht zur Vereinbarung einer Beschaffenheit.

OLG München, Urteil vom 27.09.2016 - 9 U 1161/15 Bau; BGH, Beschluss vom 05.06.2018 - VII ZR 248/16 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

BGB §§ 280, 281, 633, 634 Nr. 4, § 636; HOAI 2002 § 15 Abs. 1, 2, 3

Problem/Sachverhalt

Der klagende Bauherr verlangt vom beauftragten Architekturbüro Schadensersatz wegen Baukostenüberschreitung für Umbau- und Modernisierungsarbeiten, insbesondere im Bereich der Kostenermittlung. Der Bauherr ist der Auffassung, es sei ein "Kostenlimit" von 600.000 Euro vereinbart worden. Der Architekt wendet ein, es sei keine Kostenobergrenze vereinbart worden und durch zusätzliche Wünsche des Bauherrn habe sich das Bauvorhaben verteuert. Stets sei auf die zu erwartenden Mehrkosten hingewiesen worden. Das Landgericht verurteilte den Architekten zur Zahlung eines Schadensersatzes von rund 570.000 Euro. Hiergegen richtet sich die Berufung des Architekten.

Entscheidung

Mit Erfolg! Das OLG ändert das erstinstanzliche Urteil ab und weist die Klage ab. Zwischen den Parteien war eine verbindliche Kostengrenze nicht vereinbart. Für eine Vereinbarung einer festen Kostengrenze ergaben sich bereits aus dem Vortrag der Klage keine ausreichenden Anhaltspunkte. Die bloße Angabe einer Kostengrenze oder Darstellung eines Rahmens der wirtschaftlichen Verhältnisse führt nicht zur Vereinbarung einer Beschaffenheit. Es wäre eine Einigung der Parteien hierzu erforderlich, das bedeutet auch, dass die Parteien insofern mit Rechtsbindungswillen gehandelt haben müssen. Haben die Parteien einen schriftlichen Vertrag abgeschlossen, dann streitet ohnehin die Vollständigkeitsvermutung dieses Vertrags gegen die Vereinbarung von bestimmten Baukosten, wenn die angebliche Vereinbarung im Vertrag schriftlich nicht aufgeführt ist. Eine solche Vereinbarung ist hier bereits vom Bauherrn nicht vorgetragen, da er auf Nachfrage des Architekten angegeben hatte, dass man sich einen Kostenrahmen für das Bauvorhaben von ca. 500.000 Euro bis 600.000 Euro vorgestellt hatte. Es wurde jedoch nicht vorgetragen, dass dies ein so zentraler Aspekt des gemeinsamen Vorgehens war, dass es wesentlicher Bestandteil des Vertrags wurde. Dies belegt bereits der Architektenvertrag, in dem eine solche Kostengrenze nicht aufgenommen wurde. Auch aus weiteren schriftlichen Unterlagen lässt sich diese Kostenobergrenze nicht entnehmen.

Praxishinweis

Aktuell ist die Entwicklung in der obergerichtlichen Rechtsprechung zur Obergrenze spannend. In einer aktuellen Entscheidung hat das KG (IBR 2018, 633) in Abweichung der bisherigen Rechtsprechung ein völlig anderes Verständnis von der Vereinbarung einer Kostenobergrenze entwickelt. Danach sei selbst die Vereinbarung einer Kostenobergrenze weder eine Beschaffenheitsvereinbarung noch die Garantie der Einhaltung einer solchen Kostengrenze. Zwar sei es den Vertragsparteien unbenommen, über die zu erbringende Werkleistung eine Beschaffenheitsvereinbarung zu treffen. Nicht jede Vorgabe an den Werkunternehmer sei jedoch automatisch auch eine Beschaffenheitsvereinbarung. Ob sich diese Auffassung durchsetzt, bleibt abzuwarten. Das KG hat die Revision zugelassen, die auch eingelegt wurde (Az: VII ZR 192/18).

RA und FA für Bau- und Architektenrecht Dr. Janis Heiliger, Düsseldorf

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