Angebot per E-Mail angenommen: Sog. "Disclaimer" hilft nicht!

OLG Stuttgart, Urteil vom 01.08.2016 - 10 U 136/15; BGH, Beschluss vom 21.06.2017 - VII ZR 324/16 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

 

1. Erklärt der Auftraggeber per E-Mail, dass er das Angebot des Auftragnehmers annimmt, geht diese ausdrückliche Erklärung einer formularmäßigen Regelung unterhalb der Unterschriftszeile, wonach der Austausch per E-Mail ausschließlich Informationszwecken dient, vor. 2. In der Erklärung des Auftraggebers "Ich gehe davon aus, dass die Bauleitung im Angebot enthalten ist." liegt keine Ablehnung des Angebots des Auftragnehmers verbunden mit einem neuen Angebot.

OLG Stuttgart, Urteil vom 01.08.2016 - 10 U 136/15; BGH, Beschluss vom 21.06.2017 - VII ZR 324/16 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

BGB § 150 Abs. 2, § 273

Problem/Sachverhalt

Ein Steuerberater beabsichtigt den Teilabbruch einer Bestandsimmobilie und die Errichtung eines Erweiterungsbaus. Er wendet sich an einen Anbieter, der mit einer Festpreisgarantie wirbt. Der Anbieter schickt dem Steuerberater im März 2012 ein Angebot mit einer Bau- und Leistungsbeschreibung, die auch einen Ansatz für die Bauleitung enthält, per E-Mail zu. Nach weiteren Verhandlungen versendet der Anbieter im September des Jahres ein überarbeitetes Angebot mit einer stichpunktartigen Auflistung von Leistungen und einem erhöhten Festpreis. Hierauf antwortet der Steuerberater: "Ich gehe davon aus, dass die Bauleitung im Angebot enthalten ist, dann nehme ich das Angebot an." In der Signatur der E-Mail heißt es u. a.: "Der Austausch per E-Mail dient ausschließlich Informationszwecken. Rechtsverbindliche Erklärungen dürfen über dieses Medium nicht ausgetauscht werden." In der Folgezeit schließen die Parteien weitere Verträge wie einen Planungs- und einen Baustoffliefervertrag. Als beide alle Verträge wechselseitig kündigen, entsteht Streit darüber, ob durch den E-Mail-Wechsel aus September ein Vertrag zu Stande gekommen ist.

Entscheidung

Ja, entscheiden zwei Instanzen. Die Signatur in der das Angebot annehmenden E-Mail stehe dem nicht entgegen. Es handle sich dabei offensichtlich um einen Text, den der Steuerberater im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit E-Mails als Allgemeine Geschäftsbedingung anfüge. Die in der E-Mail ausdrücklich erklärte Annahme des Angebots gehe dieser formularmäßigen Regelung vor. Der Steuerberater habe auch durch den Verweis auf die Bauleitung keine Ablehnung des Angebots verbunden mit einem eigenen modifizierten Angebot erklärt. Denn er habe lediglich sein Verständnis des Leistungssolls ausgedrückt. Zudem sei die Bauleitung auch ausdrücklich im früheren ausführlicheren Angebot enthalten gewesen.

Praxishinweis

Disclaimer sind bei E-Mails gerade im geschäftlichen Bereich durchaus verbreitet. Sie sind aber in rechtlicher Hinsicht weitestgehend wirkungslos. Denn sie können weder einseitige Pflichten des Empfängers begründen (beispielsweise die eines falschen Empfängers, die E-Mail unverzüglich zu löschen und den Absender zu benachrichtigen) noch allgemeine Auslegungsregeln, wie hier, aushebeln. Daher kann auf sie verzichtet werden. Darüber hinaus sind E-Mails ohne qualifizierte elektronische Signatur als Beweismittel im Prozess untauglich, da ihr Zugang nicht bewiesen werden kann. Wichtige Geschäfte sollten daher nie ausschließlich per E-Mail abgewickelt werden.

RA und FA für Bau- und Architektenrecht Prof. Dr. Heiko Fuchs, Mönchengladbach 

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