Schöner widerrufen, Teil 2

Mit dem kürzlich verabschiedeten Bauvertragsrechts wird sich auch die bisher überschaubare Rolle von Widerrufsrechten bei Verträgen am Bau grundlegend ändern. Dieses Thema vertieft ARGE Baurecht-Mitglied Rechtsanwalt Olaf Lenkeit mit einer zweiteiligen Beitragsreihe in der Zeitschrift baurecht. Die Aufsätze befassen sich mit den wichtigsten Fragen zu Voraussetzungen und Folgen eines Verbraucherwiderrufs im Richtlinienbereich und für das Baurecht. Im zweiten Teil erörtert der Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht die Rechtsfolgen des Widerrufs und die Regeln zur Wertesatzberechnung.

B. Ausübung des Widerrufsrechts

1. Gestaltungsrecht

Der verbraucherschützende Widerruf ist ein besonderes Gestaltungsrecht und als solches bedingungsfeindlich. Der Widerruf ist unwiderruflich. Die Regelung in § 355 gewährt dem Verbraucher ein grundsätzlich zwingendes, abweichender Vereinbarung nicht zugängliches Lösungsrecht. Mit der Vornahme der Widerrufserklärung ist das Gestaltungsrecht verbraucht. Nach Widerruf durch den Verbraucher muss der Vertrag rückabgewickelt werden. Zur Wiederherstellung des Rechtsverhältnisses bedarf es einer Neubegründung. Der Widerruf stellt eine von Amts wegen zu berücksichtigende Einwendung dar. Ein bestehendes Widerrufsrecht ändert nichts an der Möglichkeit des Verbrauchers, nach allgemeinen Vorschriften oder anderen Gründen die Rückabwicklung des Vertrages vornehmen zu können.

2. Widerrufserklärung

Der Widerruf erfolgt durch Erklärung gegenüber dem Unternehmer (§ 355 Abs. 1 Satz 2). Die Widerrufserklärung ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung. Sie bedarf keiner bestimmten Form. Es muss sich aus der Erklärung lediglich der eindeutige Wille des Verbrauchers zum Widerruf ergeben, wobei nicht erforderlich ist, dass das Wort „Widerruf“ ausdrücklich verwendet wird. Es muss aber deutlich werden, dass der Verbraucher den Vertrag nicht mehr gelten lassen will. Sogar dann, wenn der Verbraucher „Kündigung“ verwendet, soll die Auslegung als Widerruf zulässig sein. 

Aus der Erklärung muss sich die Person des Widerrufenden eindeutig ergeben und es muss erkennbar sein, welches Rechtsgeschäft bzw. welcher Vertrag widerrufen werden soll, wenn mehrere Vertragsbeziehungen bestehen. Der Widerruf braucht keine Begründung enthalten und ist formlos zulässig, so dass der Widerruf durch Brief, Email oder in sonstiger digitaler Weise aber auch durch Telefonanruf oder in einem Begleitschreiben bei Rücksendung der Ware vorgenommen werden kann. Eine kommentarlose Rücksendung bzw. die alleinige Rückgabe der Ware reicht als Widerrufserklärung nicht mehr aus. Verweigert der Verbraucher die Entgegennahme der Leistung, so entsteht hierdurch nur Annahmeverzug, aber keine konkludente Erklärung eines Widerrufs.


Der vollständige Aufsatz „Das neue Widerrufsrecht für Verbraucher bei Verträgen am Bau – Teil 2“ erschien zuerst in der Fachzeitschrift „baurecht“ (BauR 2017,  - 629 (Heft 4)). Sie können den Beitrag hier online betrachten und herunterladen.