ARGE Baurecht rät: Augen auf beim Schlüsselfertigbau!

Planen und Bauen aus einer Hand, vergleichsweise günstiger Preis – schlüsselfertiges Bauen bietet einige verlockende Vorzüge für Bauherren. „Doch unter wirtschaftlichen und rechtlichen Aspekten raten wir Auftraggebern zu besonderer Vorsicht,“ warnt Rechtsanwalt Dr. Paul Popescu von der ARGE Baurecht. „Denn neben den genannten Vorteilen bringt der Schlüsselfertigbau einige gewichtige Risiken mit sich.“ Dazu gehören ungenügende Qualität, eine vorschnelle Überbezahlung oder gar eine Insolvenz des Bauunternehmens. Hinzu kommt das Risiko einer fehlenden preislichen Deckungsgleichheit zwischen dem vom Bauherrn subjektiv erwarteten und dem vom Bauunternehmer tatsächlich geschuldeten Leistungsumfang.

„Vor diesem Hintergrund kommt der Vertragsgestaltung besondere Bedeutung zu“, unterstreicht Dr. Popescu. Das Spektrum der Vertragsmodelle ist zwischenzeitlich nahezu unbegrenzt groß und selbst für einen erfahrenen Juristen kaum noch überschaubar. Entsprechend vielfältig sind die rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten und Voraussetzungen, insbesondere für die Wirksamkeit des Bauvertrages „Daher raten wir grundsätzlich von Standardverträgen ab und empfehlen individuell ausgehandelte Regelwerke und Baubeschreibungen“, so Dr. Popescu weiter. „Aber auch bei der Auswahl des ausführenden Bauunternehmens raten wir zu besonderer Sorgfalt“.

Beim schlüsselfertigen Bauen haben Bauherren mit nur einem einzigen Vertragspartner zu tun. Das bedeutet jedoch nicht, dass Auftraggeber tatsächlich alles aus einer Hand erhalten. Denn der Bauunternehmer kann die für die Bauausführung einzusetzenden Handwerker frei auswählen. Um mögliche Nachteile zu vermeiden, sollten Bauherren daher auf die bisherigen Erfahrungen und Referenzen des Bauunternehmers achten. Eine Liste der Handwerker, die beauftragt werden sollen, sorgt für zusätzliche Transparenz. „Auch der Blick auf die Unternehmensform des Betriebes kann helfen“, sagt Dr. Popescu. „Die ‚UG‘, also die ‚Unternehmergesellschaft haftungsbeschränkt‘ kann – muss aber nicht – ein Indiz für eine eher unsichere Solvenz des Unternehmens sein.“

Zu guter Letzt sollten Auftraggeber das Vertragsregelwerk einschließlich der Baubeschreibung noch vor Vertragsschluss genau unter die Lupe nehmen. „Zentral sind hierbei die Regelungen über die Abschlagszahlungen der Bauunternehmer, denn hier kommt es immer wieder zu Streitigkeiten“, sagt Dr. Popescu. Vorformulierte Vertragsmuster sehen häufig starre oder prozentuale Abschlagszahlungspläne vor. In § 632a BGB ist jedoch eine prinzipielle und eindeutige Regelung formuliert: Der Bauherr muss jeweils nur in der Höhe einen Abschlag leisten, in der er durch die Bauleistung einen entsprechenden Wertzuwachs erlangt hat. Eine Orientierung für die Bewertung der Bauleistungen kann der Zahlungsplan nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 MaBV geben.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich bislang nicht abschließend geäußert, inwieweit vom Unternehmer vorformulierte starre Abschlagzahlungspläne aufgrund überhöht verlangter Abschläge AGB-rechtlich unwirksam sind. Jedoch hat der BGH die vorformulierte Vertragsklausel insgesamt für nichtig erachtet, die dem Bauherren eines Einfamilienhauses das gesetzliche Recht auf Einbehalt von 5 Prozent der Vertragssumme bei der ersten Abschlagsrechnung verwehrt.

Für Auftragnehmer wiederum sind individuell vereinbarte Sicherheitsleistungen besonders bedeutsam. Dafür ist die detaillierte Baubeschreibung entscheidend. Ist sie lückenhaft, können zusätzliche Kosten entstehen. Denn Bauunternehmer müssen nur die Leistungen zum vereinbarten Pauschalpreis erbringen, die in der vertraglichen Baubeschreibung fixiert sind. Fehlen Angaben über den Qualitätsstandard, kann der Bauherr in aller Regel nur mittlerer Art und Güte erwarten. „Daher empfehlen wir, dass beide Seiten ihre Erwartungen umfassend darlegen und im Bauvertrag unmissverständlich fixieren. Nur so ist sichergestellt, dass der Auftraggeber seine Leistung in der gewünschten Qualität und zum vereinbarten Preis erhält“, so Dr. Popescu abschließend.