Juristendeutsch: ein Fall für sich?

Der juristische Schreibstil ist durch seinen formellen Charakter und seinen verschachtelten Aufbau weit über das Berufsfeld hinaus bekannt – und gefürchtet. Für fachfremde Leser wird die Lektüre von juristischen Texten schnell zur belastenden Geduldsprobe. Das gilt in besonderem Maße auch für die hochkomplexen Sachverhalte der baujuristischen Praxis. Nominalstil und Schachtelsätze müssen jedoch nicht sein. Wir machen Sie auf die vier wesentlichen sprachlichen Taktiken aufmerksam, die jeder Jurist mehr oder weniger bewusst einsetzt. Und wir zeigen Ihnen, wie Sie diese durch eine einfache, überzeugende und dennoch anspruchsvolle Sprache ersetzen können.

„Warum kompliziert, wenn es auch einfach geht?“ Diese weithin bekannte Formel drehen Juristen gerne um, vor allem beim Schreiben. Oft geht es dabei um die immer gleichen Macht- und Verschleierungstaktiken, erklärt Juristin und Wirtschaftsjournalistin Eva Engelken in einem aktuellen Artikel des Legal Tribune Online. Verschachtelungen. Substantivierungen, eine extrem hohe Detaildichte sowie unpersönliche Ansprachen kennzeichnen den klassischen juristischen Schreibstil. Damit werden Texte strukturell schnell so komplex, dass sie nahezu unleserlich sind. „Schwer verständliches Juristendeutsch ist nicht nur mühsam für Mandanten, sondern kann ihnen auch schaden“, sagt Jurist und Autor Michal Schmuck. "Beispielsweise wenn sie eine Frist versäumen, weil sie den Brief ihres Anwalts nicht verstehen."

Zweck von Stilmitteln wie der Verschachtelung und der hohen Detaildichte ist es, Sachverhalte diplomatisch auszudrücken oder sogar Inhalte so zu verklausulieren, dass Leser sie kaum noch erkennen. Andere stilistische Manöver wie Substantivierungen und unpersönliche Ansprachen dienen eher dem Zweck, den eigenen Text bedeutsamer klingen zu lassen. Die formulierten Forderungen oder Aussagen erhalten so scheinbar den legitimen Anspruch von hohen Behörden oder anderen Obrigkeiten.

Wie die Doktorschrift ist auch das Juristendeutsch verbreitet. Die eingesetzten sprachlichen Nebelwerfer sind der Autorin zufolge anwaltliche Standardgeschütze. Sie würden auf alle juristischen oder praktischen Probleme abgefeuert, die beim Anwalt auf dem Schreibtisch landen. Leider seien die sprachtaktischen Hebel nicht nur die Lösung des Problems, sondern selbst das Problem. Juristen, die überzeugend sprechen und schreiben wollen, sollten die sprachlichen Taktiken kennen und (wenn überhaupt nur) wohldosiert und bewusst anwenden. Das heißt nicht, dass sie ohne Fachbegriffe auskommen sollen oder müssen. Aber Floskeln, Substantivitis und Wiederholungen müssen nicht sein. Wir empfehlen, es wie Albert Einstein zu halten: „Alles sollte so einfach wie möglich sein, aber nicht einfacher.“


Den vollständigen Artikel „Das Ende des Nominalstils“ lesen sie im Legal Tribune online.

 

Buchtipp:

Michael Schmuck, Deutsch für Juristen - Vom Schwulst zur klaren Formulierung, ISBN  978-3-504-64410-9