Die neue HOAI und ihre Bedeutung für private Bauherren

Sie haben sich entschlossen zu bauen – Aber mit wem? Fertighausanbieter, Bauträger, Architekt? Wer seine individuellen Wünsche mit einem Architektenhaus verwirklichen will, muss neben den Kosten für das Grundstück und die Bauarbeiten auch die Honorare für die Planer kalkulieren. Wie aber werden die berechnet?

Seit dem 01.01.2021 gelten dafür neue Regeln. Bis dahin unterlag das Architektenhonorar zwingenden Mindest- und Höchstgrenzen. Vereinbarungen außerhalb dieses Rahmens waren unwirksam. Seit Anfang dieses Jahres ist das Architektenhonorar ohne Grenzen frei verhandelbar. Das Problem: Für Sie als privater Bauherr sind die Honoraraufstellungen des Architekten oft nicht nachvollziehbar. Mit diesem Beitrag wollen wir Ihnen helfen, das Angebot des Architekten besser einordnen zu können.

Bedeutung der HOAI

Wie auch bei anderen freien Berufen gibt es für die Vergütung von Architekten rechtliche Vorgaben. Diese sind in der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure – kurz HOAI – geregelt. Bisher waren dort zwingende Höchstsätze festgelegt. Diese sollten die Bauherren vor überzogenen Forderungen des Architekten schützen. Hatte ein Bauherr mehr als den Höchstsatz gezahlt, konnte er den Mehrbetrag zurückfordern.

 

Die Mindestsätze wiederum hatten vor allem die Qualitätssicherung von Architektenleistungen zum Ziel.

 

Sie kennen das Sprichwort „gute Arbeit hat ihren Preis“. Durch die Mindestsätze sollte ein zu harter Preiskampf auf Kosten der Qualität vermieden werden.

Mindest- und Höchstsätze sind ein Eingriff in den freien Preiswettbewerb. Der Europäische Gerichtshof entschied im Jahr 2019, dass dieser Eingriff europarechtswidrig ist. Als Reaktion auf dieses Urteil hat der deutsche Gesetzgeber die Verbindlichkeit der Honorargrenzen in der HOAI aufgegeben.

HOAI als Orientierungshilfe

Die in der HOAI enthaltenen Honorartafeln dienen aber auch weiterhin als Orientierung, wie hoch das übliche Honorar für Architektenleistungen ist.  Die Berechnung des Architektenhonorars bestimmt sich nach dem Leistungsbild, den Nettobaukosten und der Honorarzone. Für private Bauherren ist meistens das Leistungsbild der Objektplanung nach §§ 33 - 37 HOAI einschlägig.

 

Für die Nettobaukosten können Sie sich selbst ein Maximum setzen. Dabei dürfen Sie den Grundstückskaufpreis, die anfänglichen Erdarbeiten des Tiefbauunternehmens und das Architektenhonorar in Ihrer Rechnung nicht berücksichtigen.

 

Die sogenannte Honorarzone gibt den Schwierigkeitsgrad des Bauvorhabens an. Es gibt im Leistungsbild der Objektplanung 5 Honorarzonen, die mit den römischen Zahlen I bis V durchnummeriert sind. Je schwieriger das Bauvorhaben, desto höher ist die Zahl. Ein Einfamilienhaus fällt üblicherweise in die Honorarzone III oder IV.

Werfen wir einen Blick in § 35 HOAI. Dort finden Sie eine Tabelle. In der äußeren linken Spalte werden die Nettobaukosten ausgewiesen. Die übrigen Spalten sind nach den 5 Honorarzonen gegliedert. In jeder Spalte werden links die Mindestsätze, rechts die Höchstsätze ausgewiesen. Wenn Sie z. B. mit Nettobaukosten von 300.000,00 € kalkulieren, dann gibt die HOAI für die Honorarzone III einen (unverbindlichen) Honorarrahmen von 39.981,00 € bis 49.864,00 € netto vor. Das durchschnittliche Architektenhonorar würde demnach 44.922,50 € netto betragen. Wenn die Nettobaukosten zwischen den Stufen in der äußeren linken Spalte liegen, empfehlen wir Ihnen, einen Honorarrechner zu verwenden, um den üblichen Honorarrahmen zu bestimmen. Eine gute Adresse ist z. B. www.hoai.de.

 

Als Bauherr steht es Ihnen frei, mit dem Architekten den Abrechnungsmodus zu verhandeln.

 

Sie können etwa vereinbaren, dass das Honorar nach der Systematik der HOAI berechnet wird, und dass dabei die Mindestsätze der Honorarzone III gelten, oder aber der Mittelsatz nach Honorarzone IV. Sie können auch eine Pauschalsumme vereinbaren, wobei sowohl Sie als auch der Architekt sich vorab Gedanken machen, welche Summe angemessen ist. Dieser Beitrag soll Ihnen dabei helfen.

Was sind Leistungsphasen?

Die Honorarrahmen in der Tabelle von § 35 HOAI beziehen sich auf die Beauftragung mit der kompletten Objektplanung. Sie decken also das gesamte Honorar für sämtliche üblicherweise anfallenden Aufgaben eines Architekten ab. In manchen Fällen ist aber gar nicht das ganze Programm notwendig. Wenn Sie sich z. B. für ein standardisiertes Typenhaus eines Architekten entscheiden, entfallen viele Planungsleistungen.

Damit wären wir beim Thema der einzelnen Leistungsphasen angekommen:

Die sogenannten Grundleistungen des Architekten sind in 9 sogenannte Leistungsphasen unterteilt. Sie orientieren sich am gewöhnlich Bauablauf. Eine Übersicht finden Sie in der Anlage 10 zur HOAI. In der Leistungsphase 1 werden die Zielvorstellungen mit dem Bauherrn abgestimmt, die rechtliche Umsetzbarkeit geprüft und die Baubedingungen vor Ort, z. B. der Baugrund, untersucht. Anschließend werden die ersten Planungskonzepte erstellt. Der Architekt feilt die Pläne immer weiter aus und kümmert sich auch um die Baugenehmigung (Leistungsphasen 2 bis 4). Auf dieser Grundlage erstellt der Architekt die ausführungsreifen Pläne (Leistungsphase 5).

Anschließend werden die Angebote verschiedener Bauunternehmen und Handwerker eingeholt und verhandelt (Leistungsphasen 6 bis 7). Endlich folgt der erste Spatenstich. In der Leistungsphase 8 koordiniert und überwacht der Architekt die Bauausführung. Schließlich können Sie den Architekten auch noch für die Objektbetreuung für den Gewährleistungszeitraum nach der Fertigstellung beauftragen (Leitungsphase 9). 

Wie hoch das übliche Honorar für die einzelnen Leistungsphasen ist, steht in § 34 Abs. 3 HOAI. Jeder Leistungsphase wird dort ein bestimmter Prozentsatz zugewiesen. Der arbeitsintensiven Leistungsphase 5 (Ausführungsplanung) werden z. B. 25 % und der Leistungsphase 8 (Objektüberwachung) 32 % zugeordnet. Die Prozentsätze beziehen sich immer auf das Gesamthonorar für die Erbringung aller Leistungsphasen.

Soweit einzelne Leistungsphasen oder wesentliche Grundleistungen nicht beauftragt werden, kann man den nach der HOAI berechneten Honoraranteil wegverhandeln. Kommen wir zurück auf unser oben genanntes Beispiel: Wenn Sie mit 300.000,00 € Baukosten planen, beträgt das durchschnittliche Architektenhonorar in der Honorarzone III 44.922,50 € netto. Beauftragen Sie z. B. nur die Leistungsphasen 1 bis 8, dann entspricht dies 98 % der Gesamtvergütung, also 44.024,05 €.

Besondere Leistungen

Die Orientierungswerte der HOAI gelten nur für die Grundleistungen des Architekten, nicht für die sogenannten besonderen Leistungen. Besondere Leistungen sind solche, die über die Grundleistungen hinausgehen. Der Architekt kann z. B.  bei der Beschaffung der nachbarlichen Zustimmung mitwirken oder die Genehmigung zum Baumfällen auf dem Grundstück beantragen. Weitere Beispiele für besondere Leistungen finden Sie in der rechten Spalte der Anlage 10 zur HOAI. Für die besonderen Leistungen gibt Ihnen die HOAI keine Orientierungswerte vor, d. h. Sie müssen selbst beurteilen, welches Honorar dafür angemessen ist. Oft werden hierfür Stundenhonorare auf Nachweis vereinbart.

Technische Gebäudeausrüstung

Wenn Sie den Architekten mit der Planung der technischen Gebäudeausrüstung (TGA) beauftragen, unterfällt dies einem anderen Leistungsbild der HOAI. Dafür fällt ein zusätzliches Honorar an. Die TGA umfasst die Planung der technischen Anlagen und Geräte im Haus, z. B. des Heizungssystems, der Wasser- und Gasanlagen sowie der Elektrotechnik. Für die Honorarberechnung der TGA-Planung nach der HOAI gelten andere Vorschriften – das System bleibt aber gleich:

Die Honorarrahmen finden Sie in der Tabelle von § 56 HOAI. Wie Sie sehen, gibt es nur die Honorarzonen I bis III.

 

Ein Einfamilienhaus fällt üblicherweise in die Honorarzone I oder II, je nachdem wie anspruchsvoll die Planung ist.

 

Eine Beschreibung der 9 TGA-Leistungsphasen finden Sie in der Anlage 15.1 zur HOAI. Welcher Prozentsatz auf die einzelnen Leistungsphasen entfällt, steht in § 55 Abs. 1 HOAI.

Abschließende Tipps

Schließlich möchten wir Ihnen noch Folgendes mit auf den Weg geben:

  • Holen Sie mehrere Angebote von verschiedenen Architekten ein. So nutzen Sie den Preiswettbewerb aus. Auch wenn die Kosten eine wichtige Rolle spielen, vergessen Sie bitte nicht: „Gute Arbeit hat ihren Preis“.
  • Ein versierter Architekt kann die Baukosten erheblich verringern und Streit wegen Mängeln vermeiden.
  • Treffen Sie mit dem Architekten eine verbindliche Baukostenvereinbarung, wenn sich das Honorar nach der HOAI bestimmen soll. So rutschen Sie in keine teurere Kostenstufe, wenn sich die Baukosten wegen unvorhersehbarer Arbeiten erhöhen sollten. Alternativ können Sie ein fixes Pauschalhonorar vereinbaren, um die Kosten zu deckeln.
  • Wir empfehlen Ihnen, den Architektenvertrag von einem Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht entwerfen oder prüfen zu lassen.

Wir hoffen, wir konnten Ihnen hilfreiche Tipps geben und Sie sind Ihrem Traum vom Eigenheim einen Schritt nähergekommen.

Rechtsanwalt Gregor Wittkämper

Mitglied in der ARGE Baurecht
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Der Beitrag „Die neue HOAI und ihre Bedeutung für private Bauherren“ erschien zuerst in der Zeitschrift „bauen.", Ausgabe 10-11/2021. Sie können den Beitrag hier online betrachten und herunterladen.