Wie werden die Kosten eines (unbeteiligten) Streithelfers erstattet?

BGH, Beschlüsse vom 19.12.2013 Az.: VII ZB 11/12 und 05.12.2013 Az.: VII ZB 15/12

Vor allem in selbständigen Beweisverfahren sind massenhafte Streitverkündungen Gang und Gäbe. Wer trägt die Kosten derjenigen Beteiligten, die letztlich mit der Sache nichts zu haben und im Hauptsacheverfahren daher nicht beteiligt werden?

Ausgangssituation:

Da am Bau eine Vielzahl an Personen beteiligt ist, ist häufig fraglich, wer für einen Mangel eintrittspflichtig ist. Nach der Rechtsprechung zur Gesamtschuld am Bau und der für manche selbständige Beweisverfahren vergleichsweisen kurzen Dauer der Verjährung der Ausgleichsansprüche wird dort der Streit häufig „vorsorglich“ verkündet. Dies kann dazu führen, dass Personen beteiligt werden, die letztlich mit dem Mangel nicht zu tun haben und daher am Hauptsacheverfahren nicht mehr beteiligt werden. Eine gerichtliche Kostenentscheidung für die Verfahrenskosten dieser Personen erfolgt im selbständigen Beweisverfahren nicht.

Beispiel:

(Nach BGH, Beschlüsse vom 19.12.2013 Az.: VII ZB 11/12 und 05.12.2013 Az.: VII ZB 15/12)

Einer Firma ist in einem selbständigen Beweisverfahren von der Antragsgegnerin der Streit verkündet worden. Damit ist sie eine Streitverkündungsempfängerin. Die Firma tritt im selbständigen Beweisverfahren der Antragsgegnerin bei und ist damit deren Streithelferin. Nach Beendigung des selbständigen Beweisverfahrens ist die Hauptpartei Beklagte in einem Hauptsacheverfahren. Dieses wird durch Urteil beendet, wonach die Kosten des Rechtsstreits dem Kläger auferlegt werden.

Die Streithelferin war am Hauptsacheverfahren nicht beteiligt. Das Urteil enthielt keinen Ausspruch zu ihren Kosten, die im vorangegangenen selbständigen Beweisverfahren angefallen sind. Das Urteil wurde ihr auch nicht zugestellt.

Die Streithelferin des selbständigen Beweisverfahrens stellte einen Antrag nach § 321 ZPO auf Ergänzung des Urteils, um ihre Kosten wie diejenigen der Beklagten ebenfalls dem Kläger aufzuerlegen. Diese Vorgehensweise war letztlich erfolgreich. Da das Beweisverfahren und das Hauptsacheverfahren kostenrechtlich eine Einheit bilden, umfassen die Kosten des Rechtsstreits stets auch die Kosten eines vorausgegangenen selbständigen Beweisverfahrens was entsprechend § 101 ZPO nicht nur für die Parteien sondern auch für die Kosten des im Hauptsacheverfahren beigetretenen Streithelfers aus einem vorangegangenen selbständigen Beweisverfahren gilt. Die entsprechende Anwendung des § 101 Abs. 1 ZPO für das selbständige Beweisverfahren führt außerdem unabhängig von einem zusätzlichen Beitritt des Streithelfers im Hauptsacheverfahren zu einer Entscheidung über dessen Kosten im selbständigen Beweisverfahren. Der Bundesgerichtshof sieht diese Ausgestaltung des Anwendungsbereichs des § 101 Abs. 1 ZPO für notwendig an, um Lücken auszufüllen, deren Schließung der Gesetzgeber der Rechtsprechung überlassen habe (vgl. BT-Drucks. 11/8283 S. 47 f. zu Nr. 31 a). Eine Lücke besteht deshalb, weil die Vorschrift des § 494a ZPO deswegen nicht zur Anwendung gelangen konnte, weil eine Klage tatsächlich erhoben wurde, wenn auch ohne Beteiligung der Streithelferin. Wegen des jedenfalls bestehenden Klageverfahrens können die Tatbestandsvoraussetzungen des § 494a ZPO nicht erfüllt werden und sich die Streithelferin auf diese Ausnahmevorschrift daher nicht berufen.

Hinweis:

Der Antrag nach § 321 ZPO ist nur binnen kurzer Frist möglich. Die Frist beginnt allerdings erst mit Zustellung des Urteils. Eine solche hat es im vorliegenden Fall an die Streithelferin  nicht gegeben, weswegen die Frist bei Antragstellung noch nicht abgelaufen war. 

Wenn das Verfahren nicht durch Urteil, sondern durch Vergleich der Parteien des Hauptsacheverfahrens mit quotenmäßiger Kostenverteilung beendet wird, hat ein vormaliger Streithelfer eines selbständigen Beweisverfahrens ebenso entsprechend § 101 ZPO einen Anspruch auf Erlass eines Kostenbeschlusses, auch wenn er im Vergleich nicht erwähnt wird. Etwas Anderes gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs mit Urteil vom 10.03.2005, Az.: VII ZB 32/04 nur, wenn die Parteien des Vergleichs Kostenaufhebung vereinbaren. Ggf. besteht aber ein materiellrechtlicher Anspruch, der als solcher geltend gemacht werden kann.

 

Rechtsanwalt Johannes Jochem

RJ Anwälte, Wiesbaden