Ohne Schaden kein Schadensersatz?

OLG Koblenz, Urteil vom 20.08.2015 - 2 U 678/14; BGH, Beschluss vom 11.04.2018 - VII ZR 219/15 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

Ein Bodengutachter haftet gegenüber einem in den Schutzbereich des Gutachtervertrags einbezogenen Dritten (hier Grundstückserwerber) wegen einer Pflichtverletzung nur dann auf Schadensersatz, wenn dem Dritten aufgrund der Pflichtverletzung ein ersatzfähiger Schaden entstanden ist.

OLG Koblenz, Urteil vom 20.08.2015 - 2 U 678/14; BGH, Beschluss vom 11.04.2018 - VII ZR 219/15 (Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

BGB § 280 Abs. 1, §§ 633, 634 Nr. 4

Problem/Sachverhalt

Ein Unternehmensgründer (G) beabsichtigt, aus einer Insolvenzmasse ein Grundstück der A GmbH zu erwerben, das er gewerblich nutzen möchte. Hierfür stellt er einen Businessplan auf. Dieser enthält folgenden Passus: "Um Haftungsansprüche aus eventuellen Bodenverunreinigungen oder Umweltschäden, verursacht durch die A GmbH, auszuschließen, sollen entsprechende vertragliche Vereinbarungen beim Erwerb der Immobilie getroffen werden. Die Kosten von auf dem Gelände lagernden Altanlagen werden von der A GmbH getragen bzw. mit dem Kaufpreis verrechnet." Der Kauf des Grundstücks wird durch eine Sparkasse (S) finanziert. U hat mit S vereinbart, dass S beim Erwerb die Kosten für eine etwaige Bodensanierung übernimmt. S beauftragt einen Bodengutachter (B) mit der Erstellung eines Bodengutachtens. B hat in seinem Angebot erklärt, nur den unbefestigten Außenbereich zu untersuchen. Er stellt in geringem Umfang Kontaminationen fest, die im Zuge einer Bodensanierung beseitigt werden. Auf das Erfordernis weitergehender Untersuchungen weist B nicht hin. U nimmt das Grundstück zur Nutzung durch eine von ihm gegründete GmbH in Gebrauch. Zu deren Kapitalausstattung nimmt er ein Darlehen von 450.000 Euro auf. Die GmbH fällt nach erfolglosem Geschäftsbetrieb in Insolvenz. Anschließend erhält U von der zuständigen Behörde die Mitteilung, das Grundstück könne mangels sichereren Nachweises über eine erfolgreiche Sanierung nicht als altlastenfrei eingeordnet werden. Deshalb nimmt U den B wegen eines Begutachtungsfehlers und unterlassenen Hinweises in Anspruch. Er verlangt Freistellung vom Darlehen mit der Begründung, bei richtiger Begutachtung und Beratung durch B hätte er das Unternehmen nicht gegründet und wäre hierzu keine Verbindlichkeiten eingegangen.

Entscheidung

Ohne Erfolg! Das Gericht bejaht zwar eine Schutzwirkung des zwischen S und B geschlossenen Vertrags zu Gunsten des U. Angesichts des erkennbar beschränkten Auftragsumfangs bezweifelt es aber eine Pflichtverletzung des B. Dies könne aber letztlich dahinstehen. Denn der unterlassene Hinweis von B auf die Notwendigkeit weitergehender Untersuchungen sei nicht ursächlich für den eingetretenen Schaden. Denn nach dem Vortrag von U hätte dieser bei zutreffender Beratung des B nicht vom Grundstückskaufvertrag Abstand genommen, sondern das Grundstück nach weiteren Untersuchungen auch erworben und eventuell erhöhten Sanierungsaufwand nachfinanzieren können. Dessen ungeachtet seien die fremdfinanzierten Gesellschaftsanteile nicht dadurch wertlos geworden, dass das Grundstück als wesentlicher Teil des Gesellschaftsvermögens infolge Altlastenverdachts einen Wertverlust erlitten habe. Hierfür sei vielmehr die erfolglose Geschäftstätigkeit der Gesellschaft kausal. Schließlich habe die Pflicht zur Beratung des U nur vor dem Risiko nachträglicher Aufwendungen zur Bodenverbesserung, nicht aber dem allgemeinen Risiko eines Verlusts durch nachteilige Investitionen schützen sollen.

Praxishinweis

Für einen Schadensersatzanspruch wegen falscher Beratung ist eine Pflichtverletzung des Schuldners eine zwar notwendige, jedoch nicht hinreichende Begründung. Zu prüfen ist immer auch, wie der Geschädigte bei zutreffender Beratung disponiert hätte. Zudem ist der Schutzzweck der Vertragspflicht zu berücksichtigen.

RA Dr. Helmut Miernik, Düsseldorf

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