E-Mail mit eingescanntem Schriftsatz ist kein elektronisches Dokument

BGH, Beschluss vom 08.05.2019 - XII ZB 8/19

1. Eine im Original unterzeichnete Rechtsmittelbegründungsschrift, die eingescannt und im Anhang einer Email als PDF-Datei übermittelt wird, ist erst dann in schriftlicher Form bei Gericht eingereicht, sobald diesem ein vollständiger Ausdruck der PDF-Datei vorliegt (Anschluss an BGH vom 18.03.2015 - XII ZB 424/14, IBRRS 2015, 1625).*)

2. Etwas anderes folgt nicht daraus, dass bei einem Fax eine Frist bereits durch den vollständigen Empfang der gesendeten Signale vom Telefax des Gerichts gewahrt ist; dies kann nicht auf die Übermittlung einer E-Mail mit einem eingescannten Schriftsatz, die die Voraussetzungen für ein elektronisches Dokument nach § 130a ZPO nicht erfüllt, übertragen werden.

BGH, Beschluss vom 08.05.2019 - XII ZB 8/19

ZPO § 130a

Problem/Sachverhalt

Am Tage des Ablaufs der verlängerten Begründungsfrist scheitert die Faxübermittlung. Der Anwalt sendet den vollständigen und von ihm unterzeichneten Schriftsatz als (unsignierte) PDF-Datei per E-Mail an das Gericht. Die E-Mail wird am Folgetag an die Serviceeinheit weitergeleitet und erst Wochen später auf Anweisung der Berichterstatterin ausgedruckt. Das Rechtsmittel wird als verfristet verworfen. Zu Recht?

Entscheidung

Ja! Maßgeblich für den Eingang ist - im Einklang mit der im Leitsatz zitierten Rechtsprechung - allein das Ausdrucksdatum. Denn die E-Mail mit der als PDF-Datei beigefügten Beschwerdebegründung genügt nicht den Anforderungen an ein elektronisches Dokument i.S.v. § 130 a Abs. 1 ZPO, so dass der Schriftsatz nicht nach § 130 a Abs. 5 Satz 1 ZPO bereits mit Speicherung in dem E-Mail-Postfach als bei Gericht eingegangen gilt. Anstelle der vom Urheber unterzeichneten Urkunde muss ein elektronisches Dokument entweder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht worden sein (§ 130 a Abs. 3 ZPO); daran fehlt es hier. Ein anderes Ergebnis lässt sich nicht unter Heranziehung der Rechtsprechung zur Übermittlung einer Rechtsmittelschrift per Telefax herleiten. Danach kommt es für die Rechtzeitigkeit zwar darauf an, ob die gesendeten Signale noch vor Ablauf des letzten Tages vom Telefaxgerät des Gerichts vollständig empfangen (gespeichert) worden sind (BGH, IBR 2006, 447) Diese Rechtsprechung basiert darauf, dass Telekopien von der ZPO als schriftliche Dokumente eingeordnet werden; dies ist nicht auf E-Mails übertragbar. Mit § 130 a ZPO hat der Gesetzgeber die Voraussetzungen für die Einhaltung der Schriftform bei der Übersendung von elektronischen Dokumenten, die einem schriftlich zu unterzeichnenden Schriftstück gleichstehen, abschließend geregelt. Wird ein elektronisches Dokument - wie hier - weder qualifiziert elektronisch signiert noch auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht, ist die prozessuale Form nicht gewahrt. Ein solches Dokument ist deshalb, sofern die Verfahrensordnung Schriftform voraussetzt, nicht wirksam eingereicht (BT-Drucks. 17/12634 S. 25). Eine von der Verfahrensordnung geforderte Schriftform erhält das Dokument erst, sobald es ausgedruckt vorliegt. Dass der Verfahrensbeteiligte keinen Einfluss darauf hat, wann der Ausdruck erfolgt, erfordert keine andere Beurteilung; dies ist Folge der Wahl der ungeeigneten Übermittlungsform.

Praxishinweis

Die (vorhersehbare) Entscheidung ist durch das "beA" praktisch weitgehend obsolet, da damit ein "sicherer Übertragungsweg" genutzt werden kann. Für dessen Ausfall zeigt der BGH aber dann erneut, dass in der elektronischen Welt "einfach" (= E-Mail) nicht "richtig" sein muss. Die im Leitsatz zitierte Ausgangsentscheidung ist zwar oft kritisiert worden (etwa Habermann, NJW 2015, 1529; Skrobotz, jurisPR-ITR 24/2015 Anm. 2); doch hat der Senat sich davon (zu Recht) nicht beirren lassen. Ob man bei - anders als hier - rechtzeitigem Emaileingang lange vor Fristablauf nicht im Einzelfall eine "Ausdruckpflicht" der Gerichte annehmen kann, steht in den Sternen; mehr als ein Hinweis dürfte nicht geschuldet sein. Aus anwaltlicher Vorsorge sollte man es darauf ohnehin nicht ankommen lassen und lieber den berittenen Boten losschicken. Justiz 4.0 is coming.

RiOLG Wolfgang Dötsch, Köln

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