Der Feststellungsantrag zur Verzinsung des Gerichtskostenvorschusses

OLG Frankfurt, Urteil vom 01.03.2012 - 26 U 11/11 und OLG Karlsruhe, Urteil vom 10.07.2012 - 8 U 66/11

Auch für den Gerichtskostenvorschuss können (im Einzelfall) Zinsen verlangt werden. In welcher Höhe? Was muss der Kläger darlegen? Wie verteidigt man den Beklagten hiergegen? Gilt dies auch für gezahlte Vorschüsse für Sachverständigengutachten?

Ausgangssituation:

Gezahlte Gerichtskostenvorschüsse, zu denen auch die Sachverständigenvergütung im Prozess gehört, sind gemäß § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen und im ausgeurteilten Verhältnis zu erstatten. Diese Vorschrift bezieht sich in ihrem zeitlichen Anwendungsbereich auf den Zeitraum ab Eingang des Kostenfestsetzungsantrages bei Gericht bis zur Zahlung. Zunächst mit einem Feststellungsantrag kann auch der Zeitraum davor erfasst werden und nach einer späteren Leistungsklage auch vollstreckt werden. Hierzu bestehen allerdings erhebliche Problematiken zur Höhe des Anspruchs.

Beispiel:

(Nach OLG Frankfurt, Urteil vom 01.03.2012 - 26 U 11/11 und OLG Karlsruhe, Urteil vom 10.07.2012 - 8 U 66/11)

Ein Werkunternehmer macht nach Mahnung Außenstände auf seine Schlussrechnung gegenüber dem Besteller geltend. Hierfür hat er den Gerichtskostenvorschuss zu zahlen. Er stellt daher einen Antrag, nach dem festgestellt werden soll, dass der Beklagte verpflichtet ist, auf die von ihm verauslagten Gerichtskosten Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten seit dem Zeitpunkt der Einzahlung der Gerichtskosten durch den Kläger bis zum Tage des Eingangs des Kostenfestsetzungsantrages bei Gericht zu zahlen.

Offenbar war dieser Antrag für das erstinstanzliche Landgericht so ungewöhnlich, dass es diesen weder im Tenor noch im Tatbestand des Urteils berücksichtigte. Einen Tatbestandsberichtigungsantrag und einen Antrag auf Urteilsergänzung stellte der Kläger nicht. Die Fristen nach §§ 320, 321 ZPO ließ er verstreichen. Das Oberlandesgericht ließ den Feststellungsantrag in der Berufungsinstanz dennoch zu und sozusagen „wieder aufleben“, da es sich hierbei nur um eine Nebenforderung im Sinne des § 264 Abs. 2 ZPO und damit um keine Klageänderung handele. Letztlich sprach es dem Kläger eine Verzinsung zu vier Prozent nach Maßgabe der Kostenquote zu, da sich der Beklagte mit Zahlung des Werklohns in Verzug befand und aufgrund des Verzuges auch die notwendigen Kosten der gerichtlichen Inanspruchnahme als Verzugsschaden zu tragen hat.

Es fällt auf, dass der Kläger einen Prozentsatz in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, offenbar orientiert an § 288 BGB „Verzugszinsen“ gestellt hat, das Gericht allerdings nur vier Prozent orientiert an § 246 „Gesetzlicher Zinssatz“ zugesprochen hat. Ausführliche Ausführungen hierzu fehlen in den Entscheidungsgründen. Das Oberlandesgericht Karlsruhe untersucht einen vergleichbaren Feststellungsantrag zu einer Vergütungsklage etwas differenzierter und kommt letztlich zu dem Schluss dass weder die Verzinsung orientiert an § 246 BGB noch an § 288 BGB einschlägig ist.

Es bestätigt, dass ein Feststellungsantrag prinzipiell zulässig ist und die zeitliche Regelung des Prozessrechts aus § 104 ZPO eine frühere Verzinsung nicht ausschließt. Auch bestätigt es, dass ein Schadensersatzanspruch in Gestalt der Prozesskosten und deren Finanzierung bestehen kann. Allerdings bestehe keine Anspruchsgrundlage für eine pauschale Verzinsung, weshalb ein Schaden als solcher konkret berechnet werden müsse.

Der Zinssatz des § 288 BGB in seiner konkreten Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ist ein gesetzlich geregelter abstrakter Schadensersatz, der sich auf die Summe bezieht, für die Zahlungsverzug besteht. Dies ist bei einer Werklohnklage zunächst der Betrag des ausstehenden Werklohns, also die Hauptforderung des Leistungsantrags. Es stellt sich daher allein die Frage, ob sich der Beklagte vor oder mit Klageerhebung bezüglich der Zahlung des Gerichtskostenvorschusses an den Kläger ebenso in Verzug befunden hat, was das Oberlandesgericht Karlsruhe verneint.

Hinweis:

Mit Erhebung einer Leistungsklage wird zwar gemäß § 286 Abs, 1 Satz 2 BGB auch ohne Mahnung der Schuldnerverzug ausgelöst, jedoch nicht mit Erhebung einer Feststellungsklage. Allein durch einen Feststellungsantrag kann daher der Verzug der Erstattung des Gerichtskostenvorschusses nicht eintreten. Es stellt sich daher die Frage, ob mit einer Klageerhebung gleichzeitig eine Zahlungsaufforderung bzw. Mahnung an den Beklagten gerichtet werden kann oder in der Klageschrift ein dahingehender Leistungsantrag aufgeführt werden kann, um § 288 Abs. 1 Satz 1 BGB als Anspruchsgrundlage für eine Verzinsung zur Anwendung zu bringen. Dies wäre allerdings nur möglich, wenn die Fälligkeit des Anspruchs auf Erstattung des Gerichtskostenvorschusses bereits bestünde. Hiergegen könnte § 103 Abs. 1 ZPO sprechen, wonach ein Anspruch auf Erstattung von Prozesskosten nur aufgrund eines Titels geltend gemacht werden kann, der zum Zeitpunkt der Klageerhebung noch nicht besteht. Das Bestehen einer Anspruchsgrundlage für eine Verzinsung, was beide Vorschriften zur Höhe des Zinssatzes nach § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB oder nach § 246 BGB voraussetzen, ist daher fraglich.

Es bleibt also dabei, dass eine Anspruchsgrundlage auf Verzinsung mangels vertraglicher Vereinbarung oder gesetzlicher Grundlage im Regelfall nicht besteht, sondern nur auf Verzugsschadenersatz. Dieser ist ganz gewöhnlich konkret zu berechnen, indem die §§ 249ff BGB zur Anwendung gebracht werden. Hiermit können auch Finanzierungsschäden geltend gemacht werden, allerdings nur unter konkreter Darlegung der Schadenshöhe etwa unter Bezugnahme auf einen notwendigen Kredit, jedoch nicht pauschal.

Kann dieser Finanzierungsschaden bei Klageerhebung nicht konkret beziffert werden, so dürfte hierzu ein gewöhnlicher Feststellungsantrag wie man ihn aus Mängelprozessen kennt, bezüglich „aller weiteren (in diesem Falle verzugsbedingten) Schäden“ ausreichen. Der konkrete Inhalt dieser Schäden kann dann im Folgeprozess als Leistungsprozess verfolgt werden. Hier könnte dann gegebenenfalls auch die Finanzierung für Sachverständigenvorschüsse Streitgegenstand eines Leistungsantrags sein. Dort wird dann allerdings auch geprüft, welche Maßnahmen zur Rechtsverfolgung notwendig waren und inwiefern Kausalität des eingetretenen Schadens besteht. Bei Mängelprozessen mit mehreren Mangelpunkten, von denen einige im Sachverständigengutachten bestätigt, andere verworfen werden, wäre zum Vortrag der Kausalität sicher auch eine Zuordnung der Sachverständigenvergütung bzw. des Stundenaufwandes zu den einzelnen Mängelpunkten erforderlich. Eine Zuordnung anhand des betragsmäßigen gegenseitigen Obsiegens und Unterliegens kann deshalb wohl nur für die Finanzierung der Gerichtskosten und Rechtsanwaltskosten herangezogen werden, wobei auch hierzu das Kausalitätsproblem der Degression der jeweiligen Kostentabellen entstehen könnte, worauf Rodemann in IBR 2012, 624 hinweist.

Leider löst sich der Charme eines pauschalen Zinssatzes mangels Anspruchsgrundlage für § 288 Abs. 1 Satz 2 und § 246 BGB und wegen dieser Kausalitätsprobleme in Luft auf, sodass es jedem Baurechtsanwalt selbst überlassen bleibt, mit seiner Mandantschaft die Prozessziele zu erörtern und den Sachverhalt zur Darlegung eines Finanzierungsschadens aufzubereiten.

 

Rechtsanwalt Johannes Jochem

RJ-Anwälte, Wiesbaden