Bei einer Stundenlohnvereinbarung muss der Unternehmer umfassend zur Organisation seiner Leistungserbringung vortragen.

BGH, Beschluss vom 08.03.2012 - VII ZR 51/10

Um Stundenlohnabrechnungen vor Gericht geltend zu machen, ist ein ausführlicher Prozessvortrag mit sekundärer Darlegungslast erforderlich.

Ausgangssituation:

Bei Stundenlohnvereinbarungen entsteht häufig Streit über Höhe der abgerechneten Stunden. Nicht immer kann der Unternehmer mit einem formgerechten und von der richtigen Person unterzeichneten Stundenzettel ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis vorweisen. Im Vergütungsprozess ist dann häufig Beweis über die erbrachten Leistungen und die diesbezüglich tatsächlich angefallene Zeit zu erheben. Wendet der Besteller gegen die Anzahl der eingeklagten Stunden ein, die Betriebsorganisation des Unternehmers sei unwirtschaftliche organisiert, so ist auch hierüber Beweis zu erheben.

Beispiel:

(Nach BGH, Beschluss vom 08.03.2012 - VII ZR 51/10)

Ein Architekt für den Umbau eines Einfamilienhauses auf Basis einer Stundenvereinbarung hatte Leistungen der Planung, Vergabe und Bauüberwachung übernommen. Er stellte abschlagsweise Stundenlohnrechnungen und erhielt diese auch bezahlt. Zum Ende der Arbeiten entstand Streit, so dass der Architektenvertrag gekündigt wurde und der Architekt seine Schlussrechnung stellte. Hierauf Zeiten die Besteller nicht, sondern forderten einen bereits gezahlten Betrag in Höhe von ca. 50.000 Euro zurück.

Mit Zeugenbeweis konnte der Architekt zunächst einen Teil der abgerechneten Stunden nachweisen. Die Besteller haben sich jedoch nicht nur auf Tatsachenebene gegen die Stunden gewandt, sondern einen rechtlichen Einwand gegen das Bestehen der Vergütungsforderung des Architekten erhoben. Sie waren der Auffassung, dass der Architekt gegen das Gebot der wirtschaftlichen Betriebsführung verstoßen habe, was eine Verletzung einer Nebenpflicht darstelle. Diese könne einen Schadensersatzanspruch gemäß § 280 Abs. 1 in Verbindung mit § 282 BGB begründen.

Diese Rechtsauffassung ist zutreffend, wurde vom Bundesgerichtshof bereits in seinem Urteil vom 17.04.2009 (Az.: VII ZR 164/07 = BauR 2009, 1162) vertreten und nun nochmals bestätigt. In dieser Entscheidung bestand das Problem daher nicht in materiellrechtlicher Hinsicht, sondern war prozessualer Natur. Dem Besteller muss eine sachgerechte Rechtswahrung ermöglicht werden. Aus diesem Grunde traf den Architekten eine so genannte sekundäre Darlegungslast zu der Art und dem Umfang der abgerechneten Leistungen. Nur auf Basis dieser Informationen kann der Besteller seine Behauptung der Unwirtschaftlichkeit der hierfür angesetzten Stunden konkretisieren.

Das Berufungsgericht war auch davon ausgegangen, dass der Architekt die Wirtschaftlichkeit seiner Leistungen beweisen müsse. In Bezug auf die Verletzung einer Nebenpflicht wäre dies jedoch ein Entlastungsbeweis, der den Architekten nicht trifft. Nach der Entscheidung des BGH bleibt es daher dabei, dass der Besteller eine von ihm behauptete Pflichtverletzung des Architekten darzulegen und zu beweisen hat, was allgemeinen Grundsätzen entspricht. Dies muss ihm der Architekt allerdings ermöglichen.

Demnach gilt folgendes:

Der Besteller kann pauschal behaupten, die Leistungserbringung des Unternehmers sei unwirtschaftlich gewesen. Daraufhin muss der Unternehmer je nach Einzelfall genügend zu den abgerechneten Leistungen ausführen, damit der Besteller diesbezüglich eine Bewertung der Wirtschaftlichkeit vornehmen und dementsprechend Tatsachen vortragen und unter Beweis stellen kann. Im vorliegenden Fall hatte der Architekt diesen Anforderungen an die sekundäre Darlegungslast nicht genügt.

Hinweis:

Die Grundsätze zur sekundären Darlegungslast einer Prozesspartei als Voraussetzung für einen Anspruch der anderen Prozesspartei sowie deren Darlegungs- und Beweislast sind allgemein gültig. Sie sind heranzuziehen, unabhängig davon ob der Unternehmer Werklohn auf Stundenbasis einklagt oder ob der Besteller Rückforderungen aufgrund einer behaupteten Überzahlung geltend macht.

Die Anforderungen an diese sekundäre Darlegungslast sind hoch. Ihnen kann wohl nur genügt werden, wenn bereits auf der Baustelle bzw. bei Erbringung der Leistungen eine saubere und ordnungsgemäße Dokumentation der Arbeiten und der Zeiten erfolgt ist. Auch wenn immer im Einzelfall zu prüfen wäre, welche Detailtiefe ausreicht, so kann nur dazu geraten werden, den Grundsätzen des OLG Hamm, Urteil vom 27.03.2012, Az.: 24 U 61/11 zu entsprechen, wonach konkrete und einzelne Tätigkeiten des jeweiligen einzelnen Mitarbeiters genau nach Datum und Zeitraum notiert werden. Dies kann wie in der Entscheidung des OLG Hamm sogar so weit gehen, dass in einem Architekturbüro die Planungstätigkeit unter genauer Zuordnung zur jeweiligen Plannummer notiert ist. Der Rechtsanwalt, der eine Vergütungsklage erhebt, sollte daher bereits zu diesem Zeitpunkt prüfen, ob er bzw. sein Mandant einer später gegebenenfalls notwendigen sekundären Darlegungslast genügen kann, falls der Prozessgegner die Einrede eines Verstoßes gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot erhebt.

 

Rechtsanwalt Johannes Jochem

RJ Anwälte, Wiesbaden