Vergaberecht: Der aufzuteilende Feuerwehrwagen

Bei der Vergabe öffentlicher Aufträge ist zu beachten, dass Leistungen entweder in der Menge aufgeteilt und getrennt nach Art (Teillose) oder Fachgebiert (Fachlose) vergeben werden. Bei Vergaberechtsverstößen können Teile der Zuwendungen wieder zurückverlangt werden. Eine bayrische Gemeinde musste dies kürzlich erfahren, als sie die Anschaffung eines Feuerwagens nicht in Lose aufteilte (z.B. Fahrgestell, Aufbau und Beladung) und die zuständige Behörde wegen schwerem Vergaberechtsverstoß 25 Prozent der Zuwendungen zurück verlangte. Die eingebrachten Einwände, hoher Koordinierungsaufwand und technische Probleme, blieben erfolglos. Jörg Risch, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht und Mitglied der ARGE Baurecht, erklärt, in welchen Fällen und wie zusammenfassende Vergabe möglich ist.

Was ist bei dem Verzicht auf die Losaufteilung bei der Vergabe zu beachten?

Für die Vergabe öffentlicher Aufträge gilt – unabhängig vom Erreichen der Schwellenwerte – der bekannte Grundsatz: Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Von der losweisen Aufteilung kann nach den gesetzlichen Regelungen nur abgesehen werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Die Erwägungen des Auftraggebers zur Losaufteilung unterliegen nach dem Transparenzgrundsatz der Dokumentationspflicht im Vergabevermerk.

Die Bedeutung dieser Anforderungen belegt plastisch der Sachverhalt, über den der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in einer jüngeren Entscheidung vom 22.05.2017 (Az. 4 ZB 16.577) zu befinden hatte. Eine bayerische Gemeinde mit 1.700 Einwohnern hatte ein neues Feuerwehrfahrzeug beschafft und hierfür Zuwendungen des Freistaates erhalten. Die für die Zuwendung zuständige Stelle monierte bei einer nachträglichen Prüfung, dass die Anschaffung des Feuerwagens nicht in Lose aufgeteilt gewesen sei – z.B. für „Fahrgestell“, „Aufbau“ und „Beladung“. Der Vergabevermerk schwieg hierzu. Die Behörde wertete dies als schweren Vergaberechtsverstoß und verlangte deshalb 25 Prozent der Zuwendungen wieder zurück. Die hiergegen gerichteten Einwände der Gemeinde, dass die losweise Aufteilung zu einem erhöhten Koordinierungsaufwand sowie zu zusätzlichen technischen Problemen geführt hätte, für die eine Gemeinde ihrer Größe ohne Berufsfeuerwehr kostenaufwändig zusätzlichen technischen Sachverstand extern beschaffen müsse, blieben in allen Instanzen erfolglos.

Gründe für zusammenfassende Vergabe nachprüfbar abwägen

Die Entscheidung unterstreicht, worauf es ankommt: Die losweise Aufteilung eines öffentlichen Auftrags ist ein wichtiges Prinzip im mittelstandsfreundlichen deutschen Vergaberecht; die zusammenfassende Vergabe stellt dagegen eine Ausnahme dar, die der öffentliche Auftraggeber begründen muss. Die Anforderungen hieran sind nicht zu unterschätzen: Aus den im Vergabevermerk – im Übrigen zeitnah – niederzulegenden Erwägungen sollte hervorgehen, dass sich der Auftraggeber in besonderer, das heißt vor allem auf den konkreten Einzelfall bezogenen Weise mit dem Gebot einer Fachlosvergabe und den dagegensprechenden Gründen auseinandergesetzt hat. Bei der dabei anzustellenden Abwägung müssen im Ergebnis die Gründe überwiegen, die für eine zusammenfassende Vergabe sprechen. Dies kann etwa dann nicht der Fall sein, wenn die zusammenfassende Vergabe zur massiven Einschränkung des Wettbewerbs führte, so dass überhaupt nur noch ein Anbieter in Betracht käme. Sinnvoll ist dabei eine Gegenüberstellung der relevanten wirtschaftlichen und/oder technischen Implikationen der jeweiligen Alternativen, um die Vorteile, die sich aus einer zusammengefassten Vergabe für den konkreten Fall ergebenden, nachprüfbar zu dokumentieren. Dabei ist zu beachten, dass der Fachlosvergabe immanente Auswirkungen, wie zum Beispiel der damit typischerweise verbundene Ausschreibungs-, Prüfungs- und Koordinierungsmehraufwand sowie ein höherer Aufwand bei Gewährleistungen, eine Gesamtvergabe für sich allein nicht rechtfertigen können. Nach der vom Gesetzgeber getroffenen Entscheidung ist dieser Mehraufwand grundsätzlich in Kauf zu nehmen und wird deshalb im Regelfall bei der Abwägung nicht berücksichtigt. Genau dies bekam auch die Gemeinde im Fall des Feuerwehrwagens entgegengehalten.

Signifikante wirtschaftliche und technische Vorteile aufzeigen

Gleichwohl bedeutet dies nicht, dass der öffentliche Auftraggeber vor den besonderen Konsequenzen, die sich im Einzelfall stellen, die Augen verschließen muss. Erwartet er durch eine zusammenfassende Vergabe signifikante, oder – spiegelbildlich – geht der durch die Losaufteilung entstehende Mehraufwand durch besondere Gegebenheiten deutlich über das typische Maß hinaus, können diese Überlegungen Berücksichtigung finden, wenn damit signifikante wirtschaftliche Folgen verbunden sind. Ebenso verhält es sich mit den zu erwartenden Auswirkungen auf die Bauzeit: Kann der Bauherr belegen, dass die Losaufteilung die Bauzeit messbar erhöht, oder es besteht ein konkretes Risiko der Bauzeitverlängerung, so sind auch diese Erwägungen relevant, wenn sich erhebliche, bezifferbare wirtschaftliche Folgen der Bauzeitverlängerung aufzeigen lassen. Die Vergabenachprüfungsinstanzen billigen dem Auftraggeber bei der auf einer Prognose beruhenden Entscheidung durchaus einen Beurteilungsspielraum zu. Der rechtlichen Überprüfung im Nachhinein unterliegt im Wesentlichen nur, ob die Entscheidung des Auftraggebers auf vollständiger und zutreffender Sachverhaltsermittlung beruht, sowie frei von willkürlichen Erwägungen und im Ergebnis vertretbar ist.

Fazit: Sorgfältige Analyse vor der Ausschreibung empfehlenswert

Wie die Rechtsprechung verschiedentlich auch betont, soll das Vergaberecht nicht nur Bieterrechte eröffnen, sondern auch eine wirtschaftliche Leistungsbeschaffung gewährleisten. Es eröffnet daher einige Möglichkeiten, am konkreten Einzelfall orientiert den Auftrag so zuzuschneiden, dass den technischen Bedürfnissen entsprochen wird und zudem wirtschaftliches Augenmaß waltet. So gab es auch im Fall des Feuerwehrwagens durchaus Anzeichen dafür, dass dessen Anschaffung als Gesamtvergabe zu rechtfertigen gewesen wäre. Der damit befasste Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat dies nicht übersehen. Mit im Nachhinein vorgetragenen allgemeinen Erwägungen gab sich das Gericht jedoch nicht zufrieden. Eine genauere Analyse vor der Ausschreibung kann sehr lohnenswert sein!