Die Last mit der (Zufahrts-) Baulast

Die sog. Baulast gibt es mittlerweile in fast allen Bundesländern. Über sie kann z.B. die Erschließung eines gefangenen Grundstücks sichergestellt werden. Doch gibt der betreffende Eigentümer die begehrte Baulasterklärung nicht ab, kann die Baulast – insbesondere, wenn davon die behördliche Baufreigabe eines Bauprojekts abhängt – buchstäblich zur Last werden. Nachfolgend wird aufgezeigt, worum es sich bei einer Baulast handelt und unter welchen Voraussetzungen ein Anspruch auf Abgabe einer Baulast bestehen kann.

Begrifflichkeit und rechtliche Einordnung

Eine Baulast ist eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung eines Grundstückseigentümers gegenüber der Baubehörde, bezüglich des eigenen Grundstücks etwas Bestimmtes zu tun, zu unterlassen oder zu dulden (vgl. z.B. § 71 LBO B.-W.) Diese Verpflichtung wird eingegangen, indem der Grundstückseigentümer gegenüber der Baubehörde eine entsprechend lautende schriftliche Erklärung abgibt. Baulasten gibt es in den unterschiedlichsten Formen, z.B. als Abstandsflächenbaulast (um den Nachweis der Abstandsflächen eines fremden Gebäudes zu ermöglichen), als Stellplatz-Baulast (um einem anderen Grundstück Stellplätze zu gewähren und so den notwendigen Stellplatznachweis führen zu können) oder auch als Zufahrtsbaulast.

Mit letzterer kann die für eine Baufreigabe erforderliche Erschließung sichergestellt werden, wenn das zu bebauende Grundstück nicht an einer öffentlichen Straße liegt. Als Synonym für eine Zufahrtsbaulast ist daher auch die Begrifflichkeit Erschließungsbaulast gebräuchlich. Häufig wird z.B. bei Grundstücken in zweiter Reihe eine Baugenehmigung mit der Auflage erteilt, dass die Erschließung über eine Baulast gesichert ist. Ohne Baulasterklärung des vorderen Grundstückseigentümers erfolgt dann keine Baufreigabe.

Der Wortlaut einer solchen Baulasterklärung lautet regelmäßig dahingehend, dass der Eigentümer des Vordergrundstücks für sich sowie seine Rechtsnachfolger „als Baulast zugunsten des [genau bezeichneten dahinter liegenden] Grundstücks die Verpflichtung übernimmt, jederzeit uneingeschränkt, d.h. ungehindert begeh- und befahrbar, Zugang und Zufahrt über die im beigefügten Lageplan [genaue Bezeichnung] markierte Teilfläche des Grundstücks zu dulden“. In dem beigefügten Lageplan werden der Verlauf und die Maße der Erschließungsbaulast eingezeichnet. Einmal abgegeben und im Baulastenverzeichnis der zuständigen Baubehörde eingetragen, kann die Baulasterklärung nur mit Zustimmung der Behörde wieder gelöscht werden. Ähnlich wie bei einer Einsichtnahme ins Grundbuch kann bei Bestehen eines berechtigten Interesses auch in das Baulastenverzeichnis Einsicht beantragt werden (vgl. z.B. § 72 LBO B.-W.).

Zivilrechtliches Pendant: Grunddienstbarkeit

Das zivilrechtliche Pendant zu einer Erschließungsbaulast ist eine Grunddienstbarkeit (§ 1018 BGB) in Form eines Geh- und Fahrrechts. Anders als die Baulast, aus der bei einem pflichtwidrigen Verhalten nur die Behörde vorgehen kann, wirkt die Grunddienstbarkeit zivilrechtlich zwischen den Eigentümern der betroffenen Grundstücke. Gewährt der belastete Grundstückseigentümer dem Begünstigten trotz entsprechender Grunddienstbarkeit nicht die Überfahrt über sein Grundstück, kann dieser zivilrechtlich auf die Duldung der Überfahrt bzw. Beseitigung etwaiger Hindernisse in Anspruch genommen werden. Als Grundstücksbelastung wird die Grunddienstbarkeit in Abteilung II des belasteten/ „dienenden“ Grundstücks eingetragen. Im Grundstück des „herrschenden“ Grundstücks, zu dessen Gunsten die Grunddienstbarkeit wirkt, kann zudem ein sog. „Herrschvermerk“ eingetragen werden, so dass bei Einsichtnahme in das Grundbuch des herrschenden Grundstücks direkt Kenntnis über das bestehende Geh- und Fahrrecht erlangt wird.

Häufig kommen Sachverhalte vor, bei denen bereits ein zivilrechtliches Überfahrtsrecht – teilweise seit vielen Jahrzehnten – besteht, jedoch keine entsprechende Baulast im Baulastenverzeichnis eingetragen ist. Soll auf solchen Grundstücken ein Bauvorhaben umgesetzt werden, fehlt es trotz des bestehenden Wegerechts in Form der Grunddienstbarkeit an dem öffentlich-rechtlichen Erfordernis der Erschließung.

Anspruch auf Baulast bei bestehender Grunddienstbarkeit?

Unter bestimmten Voraussetzungen lässt sich in solchen Fällen aus dem gesetzlichen Schuldverhältnis, das zwischen den Grundstückseigentümern durch die eingetragene Grunddienstbarkeit begründet ist, eine Nebenpflicht ableiten, die Baulast zu übernehmen. Das entspricht gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung (z.B. BGH, Urteil v. 03.07.1992 – V ZR 218/91; BGH, Urteil v. 06.10.1989 – V ZR 127/88; BGH, Urteil v. 26.10.1990 – V ZR 105/89; BGH, Urteil v. 03.02.1989 – V ZR 224/87). Das nachbarschaftliche Verhältnis per se reicht dafür gerade nicht. Dass man gut beraten ist, frühzeitig und sorgfältig prüfen zu lassen, ob die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Abgabe einer Baulasterklärung vorliegen, zeigt der nachfolgend skizzierte Fall:

Ein Investor will ein größeres Wohnbauprojekt umsetzen und hat dafür ein Grundstück in bester Stadtlage erworben. Das Grundstück ist nicht direkt an der öffentlichen Straße, sondern – schön ruhig – in zweiter Reihe gelegen. Die Erschließung scheint dem Investor unproblematisch, denn es gibt über das vordere Grundstück (WEG aus 15 Parteien) eine seit vielen Jahrzehnten eingetragene Grunddienstbarkeit, die zur Überfahrt berechtigt und aus der sich ja eine Verpflichtung zur Baulastübernahme ableiten lassen dürfte. Nachdem ihm die Baugenehmigung mit der Auflage einer Erschließungsbaulast erteilt wurde und daraufhin nur 12 von 15 Miteigentümern die Baulasterklärung abgaben, nahm der Investor die übrigen drei Miteigentümer gerichtlich in Anspruch – und verlor über zwei Instanzen, weil die benötigte Baulast und die Grunddienstbarkeit in der Fahrbahn-Breite nicht deckungsgleich waren.

Die Deckungsgleichheit der Baulast in Inhalt und Umfang mit der entsprechenden Grunddienstbarkeit ist eine der vom BGH entwickelten Voraussetzungen für einen Anspruch auf Abgabe einer Baulasterklärung. Es hat eine Interessenabwägung der betreffenden Grundstückseigentümer stattzufinden. Bei dieser Interessenabwägung ist auf fünf vom BGH herausgebildete Voraussetzungen abzustellen, bei deren Vorliegen ein entsprechender Anspruch bejaht wird (z.B. BGH, Urteil v. 03.07.1992 – V ZR 218/91). Die Anspruchsvoraussetzungen lauten wie folgt:

  • Die Grunddienstbarkeit muss zum Zwecke der baulichen Nutzungen bestellt worden sein. Bei der Beurteilung, ob dies zutrifft, ist vorrangig auf den Wortlaut und Sinn der Grundbucheintragung und der dazu in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung abzustellen, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung des Eingetragenen ergibt (BGH a.a.O.).
  • Die Übernahme der Baulast muss zwingende Voraussetzung für die Bebauung des Grundstücks sein. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn die Baugenehmigung mit der Auflage der Baulastübernahme erteilt wird.
  • Eine behördliche Befreiung vom Baulastzwang kommt nicht in Betracht.
  • Bei Bestellung der Grunddienstbarkeit bestand noch kein Anlass, die Baulastübernahme zu erwägen.
  • Inhalt und Umfang der geforderten Baulast entsprechen dem Inhalt und Umfang der Grunddienstbarkeit.

Wenn sich der betreffende Grundstückseigentümer außergerichtlich nicht zur Abgabe der Baulasterklärung motivieren lässt, kann er gerichtlich auf Abgabe der Baulasterklärung in Anspruch genommen werden. Mit Rechtskraft des (obsiegenden) Urteils gilt die Baulasterklärung dann gegenüber der Baubehörde als abgegeben (§ 894 S. 1 ZPO).

Der umgekehrte Fall funktioniert im Übrigen nicht: existiert eine Baulast, lässt sich daraus kein Anspruch auf Bestellung einer Grunddienstbarkeit ableiten. Es mangelt insoweit schon an einem Schuldverhältnis der Parteien (die nur ggü. der Behörde wirkende Baulasterklärung begründet ein solches gerade nicht), aus der sich ein solcher Anspruch ableiten ließe.

Fazit:

Beim Erwerb von Grundstücken, die lediglich über ein Wegerecht in Form einer Grunddienstbarkeit vermeintlich „erschlossen“ sind, ist jedenfalls dann Vorsicht geboten, wenn die Absicht besteht, dort ein genehmigungsbedürftiges Bauvorhaben zu verwirklichen. Dann sollte möglichst dafür Sorge getragen werden, dass die benötigte Erschließungsbaulast bereits vor dem Erwerb des Grundstücks vorliegt. Ist der betreffende Eigentümer zur Baulastübernahme nicht bereit und steht zu befürchten, dass die Baulasterklärung auch nicht auf dem Gerichtsweg zu erlangen ist, sollte das Einfluss in die Kaufvertragsverhandlungen finden und durch geeignete Regelungen – denkbar ist insbesondere ein Rücktrittsrecht für den Fall, dass die Erschließung nicht gelingt – berücksichtigt werden.

Rechtsanwältin Natalie Kaestner

  • Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht
  • Mitglied der ARGE Baurecht
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