„Flüchtlingsnovelle“ vereinfacht Baurecht

Aus gegebenem Anlass haben wir das Thema Baurecht im Zusammenhang mit Flüchtlingsunterkünften auf die Agenda genommen. Das Thema beschäftigt die Juristen, zum einen durch eine steigende Zahl von Streitfällen zum anderen durch persönliches Engagement etwa im Rahmen der DAV-Initiative „Anwältinnen und Anwälte unterstützen Flüchtlinge“.

Immer lauter wird die Forderung nach einen vereinfachten Baurecht, um den wachsenden Bedarf an Flüchtlingsunterkünften zu decken. Aus Sicht unseres Kollegen Stefan Tysper, Fachanwalt für Verwaltungsrecht, besteht bereits eine Rechtsgrundlage, um „eine Willkommens- und Integrationskultur baurechtlich umzusetzen“. In einem Artikel in Legal Tribune Online gibt der erfahrene Baurechtler einen Überblick zu einem aktuell drängenden Thema und ruft zu „ein wenig mehr Mut“ auf, „die vom Gesetzgeber geschaffenen Spielräume zugunsten der Flüchtlinge“ auszuschöpfen.

Mehr Mut zu weniger Perfektion

„Ein einfacheres Städtebaurecht gibt es schon“, so der Titel des Artikels, der am 15. September 2015 im Rechtsmagazin Legal Tribune Online (LTO) erschienen ist. Darin verweist der Verwaltungsrechtler Tysper auf das seit 26. November 2014 geltende „Gesetz über Maßnahmen im Bauplanungsrecht zur Erleichterung der Unterbringung von Flüchtlingen“. Diese „Flüchtlingsnovelle“ ermögliche dem Autor zufolge die „bedarfsgerechte und zeitnahe Schaffung von öffentlichen Unterbringungsmöglichkeiten“, auch wenn das neu geschaffene Gesetz der aktuellen Lage mit einer immensen Flut an Flüchtlingen hinterher hinke.

Im weiteren Verlauf seines Beitrags nennt der Autor die drei wesentlichen Neuregelungen der ersten „BauGB- Flüchtlingsnovelle 2014“, die zunächst im Wesentlichen in § 246 Abs. 8 bis 10 des Baugesetzbuchs (BauGB) geregelt sind. Sie reichen von befristeten Nutzungsänderungen, Teilprivilegierungen gegenüber Flächennutzungs- oder Landschaftsplan bis hin zu Sonderregelungen für Unterkünfte in Gewerbegebieten.

Zwar stünden aktuelle Rechtsprechungen und Gebietserhaltungsansprüche von Nachbarn der Durchsetzung des neu geschaffenen Rechts entgegen. Dennoch sei damit die Grundlage geschaffen, um bestehende Probleme schneller zu lösen. Nach dem Motto: „Lieber ein Flüchtlingsheim, das nicht perfekt ist, als gar keines“ ruft ARGE Baurecht Mitglied Tysper Verantwortliche schließlich zu „ein wenig mehr Mut“ auf, bestehendes Recht konsequenter anzuwenden.

„Zweite Flüchtlingsnovelle 2015“

Die im Frühherbst auf über eine Million angestiegenen Flüchtlingszahlen veranlassten den Bundesgesetzgeber zu einer zweiten „BauGB-Flüchtlingsnovelle 2015“, die im Rahmen des so genannten Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes vom 20.10.2015 am 24.10.2015 in Kraft getreten ist (BGBl. I S. 1722). Diese „Novelle der Novelle“ ergänzt § 246 BauGB um die weiteren Absätze 11 bis 17 und schafft zusätzliche bauplanungsrechtliche Erleichterungen für Asylbewerberunterkünfte.

In beiden Novellen geht es um bauplanungsrechtliche Erleichterungen für Asylbewerberunterkünfte in jedem der drei Planbereiche des BauGB, die zeitlich bis zum 31.12.2019 befristet sind. Die drei wichtigsten Erweiterungen der zweiten Novelle gegenüber der ersten bestehen darin,

  • dass bei Anwendung des § 31 Abs. 1 BauGB für Flüchtlingsunterkünfte (Ausnahmen vom Bebauungsplan) ein so genanntes intendiertes Ermessen in dem Sinne besteht, dass in bestimmten Fällen Ausnahmen erteilt werden „sollen“ (§ 246 Abs. 11 BauGB),
  • dass nun auch besondere Erleichterungen für zeitlich befristete „Behelfsunterkünfte“ (gleich ob in Form mobiler Unterkünfte oder in Form von Nutzungsänderungen bestehender baulicher Anlagen) leichter möglich sind, und zwar sowohl in Baugebieten (§ 246 Abs. 12 BauGB) als auch im Außenbereich (§ 246 Abs. 13 BauGB) und
  • dass mit § 246 Abs. 14 BauGB eine an § 37 Abs. 1 BauGB angelehnte Regelung geschaffen wurde, mittels derer für dringend benötigte Unterkunftsmöglichkeiten weitere Abweichungen vom Bauplanungsrecht geltend gemacht werden können, für die es nur noch einer Anhörung der Gemeinde durch die höhere Verwaltungsbehörde bedarf.

Auch für die „Zweite BauGB-Flüchtlingsnovelle“, die in ihrer Grundintention an die bereits am 26.11.2014 in Kraft getretene „Erste BauGB-Flüchtlingsnovelle“ (Flüchtlingsunterbringungs-Maßnahmengesetz vom 20.11.2014) anknüpft, gelten nach wie vor die im LTO-Artikel nachzulesenden Grundgedanken unseres Kollegen Stefan Tysper.

Den vollständigen Artikel lesen Sie hier.